Frau kennt das: Beim Shoppen sticht einem mal wieder eine tolle Tasche ins Auge, obwohl man sich vorgenommen hatte, die Letzte sei doch nun auch wirklich die Letzte gewesen ... In meinem Fall war das ein gefakter FJÄLLRÄVEN-Rucksack, den aktuell nachzunähen ich keine Ambitionen hatte. Also gekauft - bestaunt, wenn da nur nicht das Label wäre, das zu ersetzen für mich ein eindeutiges MUSS war! Ich erinnerte mich meines letztgenähten Rucksacks, für den ich u. a. ein sportbezogenes Label entworfen und gefertigt hatte: Auch mein neu zu fertigendes Label sollte das Yin Yang-Zeichen im Mittelpunkt haben - eben auf Taiji bezogen, weil mich diese Sportart mehr als in ihren Bann gezogen hat.
In diesem Tipp geht es also um das Entwerfen und Aufbringen eines Labels auf die Rucksackvorderseite - dies beinhaltet Kreativität, Zeichnen, Schreiben und Nähen an der Nähmaschine! Fachausdrücke versuche ich so weit wie möglich zu erklären. Wenn mir das nicht gelingt, bitte sehr gern nachfragen: Ich freue mich auf eure Anregungen! Im Folgenden meine Materialliste, die natürlich individuell ergänzt oder modifiziert werden kann:
Materialien
- Trägermaterial (das Material, aus dem das Label gefertigt wird): hier nicht Stoff oder Filz, sondern SnapPAP, sog. Waschleder - dies in unterschiedlichen Farben
- Scheren aller Art
- Kreisschneider
- Schneidmatte / Patchworkmatte als nicht rutschende und unverwüstbare Schneid-Unterlage
- Lineal
- Stylefix, doppelseitig klebendes Band, auf das man problemlos drüber nähen kann
- Nähmaschine
- normales Nähmaschinengarn Stärke 80 für den Unterfaden
- wenn vorhanden, unterschiedliche Nähfüße in der engeren Auswahl
- Nähgarne, je nach Auffälligkeit solche, die deutlich dicker als normales Maschinen-Nähgarn sind
- div. wasserfeste Stifte zum Bemalen und Beschreiben des Trägermaterials
- SnapPap und Reste von SnapPap zum Ausprobieren der gewählten Stifte
- Bleistift 2 B
- Radiergummi - rund und dreieckig
- Schmierpapier zum Säubern der Radiergummis
- Rechner zum Entwerfen unterschiedlicher Motive - auch in unterschiedlichen Größen
- Drucker
Schritt-für-Schritt-Anleitung
(Reihenfolge der Fotos von links nach rechts)
1. Fotos 1-3: Label entwerfen
Links mein Handmade-Label, rechts davon das auf einem gekauften Rucksack aufgenähte Noname-Label.
Zunächst entwarf ich am Rechner zwei Label in der Größe des gefakten Rucksacks: Wegen des Kontrasts zu dem von mir gewählten Motiv sollte es einen grauen Hintergrund bekommen und dann mit einem Außenkreis in farblich passendem dickeren Zierstich-Garn aufgenäht werden. Weiter nach innen genäht, stellte ich mir noch einen Kreis vor, genäht in kontrastierend blauem Garn. In der Mitte platzierte ich jeweils ein Yin Yang-Zeichen, aber in zunächst unterschiedlicher Größe.
Meine Vorstellungen des zu ergänzenden Textes in unterschiedlicher Anordnung. Solche Entwürfe lasse ich immer gern mehrere Tage an einem Ort „liegen“, an dem ich häufig vorbeikomme, bevor ich mich dann endgültig entscheide. Beim Vorbeigehen und Betrachten gern mindestens einen Meter Abstand halten, um die Entwürfe als Ganzes auf sich wirken zu lassen. Nicht selten verwerfe ich meine erste Wahl, gestalte einen weiteren Entwurf oder ändere einfach die Farben und / oder die Schriftarten. Für alles nehme ich mir gern Zeit, denn mit dem fertigen Label soll man sich ja für lange Zeit identifizieren!
2. Fotos 4-6: Trägermaterial und SnapPap-Reste
Nachdem ich mich für das erste Label entschieden hatte, wählte ich das graue SnapPap als Trägermaterial aus, weil es das nur weiß-schwarz gehaltene Yin Yang-Zeichen bestens zur Geltung kommen lässt und sich als Ganzes gut vom blauen Rucksack abheben wird.
Auch noch so kleine SnapPap-Reste bewahre ich in einer Klarsichthülle auf: für Mini-Applikationen und besonders, um Stifte und ihre Wirkung auf SnapPap ausprobieren zu können, ohne das hochwertige Material dafür verschwenden zu müssen.
Viele Informationen zum Umgang und Verwendung von SnapPap findet ihr in meinem Tipp „Trendmaterial SnapPap – ein veganes Leder“ unter https://www.frag-mutti.de/trendmaterial-snappap-ein-veganes-leder-a51056/
3. Fotos 7-9: Nähproben anfertigen, Blick auf obere Seite des Zierstichgarns
Damit schon der erste Versuch, das SnapPap auf dem Rucksack festzunähen gelingt, musste ich vorher einige Nähproben anfertigen und dabei mit doppeltem Jeansstoff und darauf gelegtem dünnen Baumwollstoff die Dicke des Rucksackmaterials nachempfinden. Hier sieht man das grau-braune Zierstichgarn neben dem blauen. Die Stichlänge habe ich größer gewählt, damit das dickere Zierstichgarn schön sichtbare Stiche bilden kann. Zum Glück stimmte schon beim ersten Versuch die Fadenspannung, wie man auf der Unterseite der Stoffe erkennen kann – puh…
Hier ein Blick auf die obere angebrachte flache Seite des Zierstichgarns mit Name, Hersteller und Verwendungszweck.
Auf der Unterseite sind Farbnummer sowie die Stärke angegeben (hier 35) – je niedriger diese Zahl, desto dicker ist der Faden. In meinem Beispiel bedeutet Nm 35 international: Ein Gramm dieses Garnes hat eine Lauflänge von 35 Metern oder: Ein Faden dieses Garns, der 35 Gramm wiegt, ist 35 Meter lang.
4. Fotos 10-12: Verschiedene Nähfüße und Kreisschneider
Je nach Art des verwendeten Fadens und des zu bestickenden Trägermaterials habe ich hier verschiedene Nähfüße „aufgestellt“, die sich einerseits darin unterscheiden, wie sie auf der Unterseite (Richtung Stoff) geformt sind und darin, ob man mit ihnen auch einen Zickzackstich ausführen kann. Es lohnt sich, bei besonderen Materialien wie z. B. Leder, Seide, Kunstleder, Lkw-Plane, Jersey, Jeans, Frottee und auch SnapPap unterschiedliche Nähfüße auszuprobieren, weil diese jeweils anders gleiten bzw. den Stoff unterschiedlich gut transportieren. Außerdem erlauben manche von ihnen einen sehr guten Blick auf die aktuelle Nadelposition und erhöhen somit die Qualität des Nähens.
Diesen Kreisen sieht man an, dass sie nicht manuell geschnitten sind. Ursprünglich wollte ich für die Kreisform des SnapPaps eine Schablone aus Karton fertigen und dann später um sie herum zeichnen. Glücklicherweise fiel mir in letzter Minute ein, dass ich einen Kreisschneider besitze, sich also eine Schablone erübrigte!
Mit dem im Folgenden näher erklärten Kreisschneider kann man auch aus dem festen SnapPap leicht einen exakten Kreis schneiden, der dann, weil makellos und im gewünschten Durchmesser, direkt auf den Rucksack genäht werden kann!
5. Fotos 13-15: Kreisschneider näher erklärt
Auf der Abdeckung des Kreisschneiders (links im Bild) ist die Benutzung erklärt. Unten rechts liegt eine Schablone bei, mittels deren man vor dem Schneiden den exakten Durchmesser des Kreises einstellen kann. Messen erübrigt sich somit. Oben rechts im Bild ist der eigentliche Kreisschneider zu erkennen: Er liegt mit seiner Unterseite zum Betrachter. Rechts sieht man die silberfarbene Verstellschraube, mittels derer man den Durchmesser einstellen kann. Im Mittelpunkt des Kreisschneiders ist der Zentrierknopf erkennbar (weiß unterlegt), der später in die mittlere Aussparung der Kunststoff-Scheibe mit den Maßen darauf gebracht werden muss – hier ist quasi der Nullpunkt der Messlatte.
Der Kreisschneider ist mittig auf der unten liegenden Scheibe platziert, am rechten Rand erkennt man klein und rot das eigentliche Schneid-Messer, das man fixieren kann. Im abgebildeten Fall ist es auf ca. 6 cm Durchmesser mittels der rechts davon sichtbaren Einstellschraube fixiert.
Das Messer lässt sich auf beliebige Weiten / Durchmesser einstellen. Zum eigentlichen Schneiden wird dann die Kunststoffscheibe unter dem Kreisschneider entfernt und dieser auf das Trägermaterial gesetzt, aus dem heraus ein Kreis geschnitten werden soll. Dazu drückt man von oben her dauerhaft auf die mittlere weiße Fläche/ Knopf und hält so den Kreisschneider an seinem Platz. Nun wird am ganz äußeren geriffelten Rand gedreht und damit das Messer kreisförmig bewegt: Es schneidet – fertig! Ein paar Versuche mit dem Gerät, und man möchte es nicht mehr missen! Noch ein Tipp: Man sollte versuchen, während des Schneidens das Trägermaterial nicht hin- und her rutschen zu lassen. Außerdem sollte der Untergrund schneidfest sein, d.h. das Messer sollte ihn nicht zerstören. Hier konnte ich meine Patchwork-Schneidmatte verwenden.
6. Fotos 16-18: Fakelabel entfernen und neues Label kontrollieren
Lange hatte ich überlegt, ob ich erst das SnapPap bemale und beschrifte und dann aufnähe oder anders herum. Ich entschied mich für Letzteres: Erst das Trägermaterial aufnähen, so dass durch die dann vorhandenen gestickten / genähten Kreise der Bereich für das Zeichnen… exakter vorgegeben ist und man die Schriftgröße und Laufweite dem freien Raum besser anpassen kann. Damit beim Aufnähen des SnapPaps auf dem Rucksack dieses nicht verrutscht, habe ich doppelseitiges Stylefix unter das SnapPap geklebt und es so fixiert: Wenn man das SnapPap mit Stecknadeln auf dem Rucksack feststecken würde, wären die damit verbundenen Löcher dauerhaft zu sehen.
Jetzt gings dem Fakelabel an den „Kragen“: Ein Fadentrenner leistete hier sehr gute Dienste, um das aufgenähte Label vorsichtig zu entfernen.
Vor dem Aufnähen der SnapPap-Kreisscheibe legte ich diese noch einmal zur Kontrolle auf den Rucksack, um zu überprüfen, dass die einzelnen Einstichstellen des alten Labels tatsächlich von dem neuen Trägermaterial überdeckt werden.
7. Fotos 19-21: Nähvorgang vorbereiten
Damit ich an der Nähmaschine mit dem dicken und ziemlich steifen Rucksackmaterial besser umgehen konnte, habe ich meinen Anschiebetisch entfernt.
Am Anfang der kreisförmig zu nähenden Naht und am Ende derselben habe ich den Faden nicht vernäht, weil man das als doppelt / dreifache Naht dann für immer von der rechten Rucksackseite aus gesehen hätte – peinlich ... Deshalb zog ich am Anfang den dickeren Oberfaden (Zierstichgarn) und den normal dünnen Unterfaden ziemlich lang und legte beide Fäden von mir weg unter den Nähfuß, bevor ich das Abenteuer Aufnähen startete (im Bild sind die Fäden ausschließlich der Deutlichkeit halber nach links gelegt). Abenteuer deshalb, weil ich nur einen Versuch hatte: Beim Auftrennen der Naht bleiben im SnapPap Löcher aller Größen für immer bestehen, die man bei einem zweiten Nähversuch nicht „unsichtbar“ machen könnte. Ich habe den transparenten Nähfuß gewählt, damit ich immer optimalen Blick darauf haben kann, wie weit die Nadel vom SnapPap-Rand entfernt einsticht.
Bei meinen Nähproben haben sich folgende Einstellungen als geeignet erwiesen: Ganz links senkrecht angewählt, einen Geradstich, ganz rechst eingestellt - ebenfalls senkrecht - die geeignete Stichlänge von ungefähr 3,5. In der oberen waagerechten Leiste ist im zweiten Feld von links zu erkennen, dass ich eine sehr niedrige Geschwindigkeit vor-eingestellt habe (kleines Quadrat unten), die auch bei unterschiedlichem Druck auf den Fußanlasser immer eine konstant langsame Geschwindigkeit gewährleistet, so dass man während des (leider kreisförmigen Nähens) besser die Kontrolle über die Stichführung behalten kann. Gleich rechts daneben im dritten Feld ist die Nadelposition „Nadelstopp unten“ angewählt (Pfeil = Nadelspitze zeigt nach unten), so dass beim Unterbrechen des Nähprozesses die Nadel immer im Stoff stecken bleibt, das SnapPap also niemals wegrutschen kann und ich beide Hände frei habe, um andersweitig zu hantieren.
8. Fotos 22-24: Nähvorgang - Label aufnähen
Zum eigentlichen Nähen habe ich die dicke, volumige Unterhälfte des Rucksacks ohne Rücksicht auf Verluste zusammen“gerollt“, so fest gehalten und unter die Öffnung neben dem Nähfuß gezwängt, damit ich das SnapPap während des Nähens leichter kreisförmig drehen kann. Leider hat trotz aller Vorbereitungen die Naht nicht immer den identischen Abstand vom Rand des SnapPaps bekommen, schade ... Man sieht, dass ich den Anfangs- und Endfaden habe locker hängen gelassen.
Mit einer dickeren Handnähnadel habe ich die fehlenden Stiche genäht, die Oberfadenenden zur Rucksackrückseite hin durchgezogen und dort mit den Unterfadenenden verknotet und somit die Naht gesichert. Noch zwei Tipps zum Unterfaden: Versäumt habe ich ihn passend blau zur Rucksackfarbe und somit unauffälliger zu wählen. Außerdem vor dem Nähen besser noch einmal kontrollieren, ob genug Unterfaden auf der Spule aufgefädelt ist, so dass man nicht in die Verlegenheit kommt, diese sehr auffallende Naht unterbrechen zu müssen.
Weil sich das Nähen doch sichtbar (!) schwieriger gestaltet hat als gehofft, verzichtete ich darauf, den blauen Kreis zu nähen, sondern habe stattdessen mit einem blau zeichnenden Fineliner imitierend zwei dünne Kreise aufgezeichnet.
9. Fotos 25-27: Aufgenähtes Label beschriften
Hier eine Übersicht über die von mir zum Zeichnen, Ausmalen und Schreiben zur Verfügung stehenden Stifte.
Diese habe ich vorher auf SnapPap-Resten ausprobiert, darauf hin, wie stark sie decken. Erstaunlicherweise hat der weiße Posca-Marker häufig viel Farbe auf einmal abgegeben oder sogar bei unachtsamen Bewegungen gekleckert. Dies bitte vorher sorgsam ausprobieren und bedenken! Manchmal sind die weißen Flächen deshalb im Auftrag so punktförmig dick geworden, ließen sich aber mit einer Cutter-Spitze nach dem Trocknen leicht wieder abkratzen und nachzeichnen.
Ich habe vieles ausprobiert, wie ich das aufgenähte Label am geeignetsten platziere, um optimal darauf schreiben und zeichnen zu können. Geblieben bin ich dabei, den ausgewählten Bereich / Rucksack-Vorderseiten-Fläche) direkt vor mir über die Tischkante zu legen und den Rest herunter hängen zu lassen – zum Glück konnten meine Knie ihn stützen.
10. Fotos 28-30: Yin Yang-Zeichen und Buchstaben vorzeichnen
Gerade noch rechtzeitig hatte ich den Einfall, das Yin Yang-Zeichen über das SnapPap zu klammern, so dass ich die zu malenden geschwungenen Linien und besonders den weißen bzw. schwarzen kleinen Kreis exakt platzieren konnte.
Zum Vorzeichnen aller Buchstaben habe ich einen 2B-Bleistift benutzt, dessen eine Seite schon ziemlich flach war. Zum Glück kann man auf SnapPap wunderbar radieren, ohne Abriebspuren zu hinterlassen. Nur weil ich das gleich zu Beginn dieses Projekts ausgetestet hatte, wollte ich ein neues Label realisieren, denn durch SnapPap hindurch etwas durchzupausen ist aufgrund der Dicke genau so unmöglich wie der Einsatz von Kohle-Durchschlagpapier, das bleibend färben würde. Zum Radieren der dicken Buchstaben habe ich ein gutes Radiergummi gewählt, das mir auch sonst sehr gute Dienste leistet.
Direkt vor jedem Radiergang reibe ich das jeweilige Gummi so lange auf weißem Papier, bis die alten Flecken abradiert sind und der alte Grafit nicht auf die neue Fläche übertragen werden kann. Für die kleiner geschriebenen Wörter „all over the world“ kam der Dreikantradierer in Form eines Bleistiftschoners bestens zum Einsatz, um filigranes Radieren zu ermöglichen.
11. Fotos 31-32: Handmade-Labe nach seiner Fertigstellung
So sah das Handmade-Label zunächst nach seiner Fertigstellung aus. Leider erst dann fiel mir aber auf, dass ich den vierten Buchstaben nicht als großgeschriebenes „J“, sondern wie mein persönliches handgeschriebenes „I“ auf dem SnapPap geschrieben hatte.
Sehr kurz entschlossen malte ich zwecks Korrektur den oberen Querstrich mit einem silberfarbenen Posca-Marker über, so dass ein „J“ entstand.
Aber ehrlich gesagt wäre mir das viel zu viel Aufwand.. mich jucken die Labels auf den Rucksäcken sowas von Null .. bin halt auch kein Markenjunkie...