Dieser Beitrag richtet sich an alle, die gerne träumen. Und damit sind nicht die Tagträume gemeint, denen wir gelegentlich gerne in was-wäre-wenn-Momenten nachhängen. Es geht um den Traum im Schlaf. Wissenschaftler, Neurologen und Traumforscher sind sich einig: Jeder Mensch träumt während der Schlafperiode, aber nur etwa 80 Prozent der Träumenden können sich nach dem Erwachen noch an ihre Träume erinnern.
Traumdeutung versus Klartraum
Seit der Antike existieren Aufzeichnungen, die von einer Beschäftigung der Menschen mit ihren Trauminhalten Zeugnis ablegen. Lange Zeit spielte dabei vor allem die Traumdeutung eine Schlüsselrolle. Träume wurden als Orakel genutzt und selbst große Kriegsherren ließen sich in ihrer strategischen Planung von Träumen leiten. Mit der (heftig umstrittenen) Traumdeutung von Sigmund Freud fand erstmals eine wissenschaftliche Betrachtung von Träumen, ihrem Ursprung und vor allem ihrer Bedeutung statt.
Über die Traumdeutung mag jeder denken, was er will. In jedem Fall hängt ihr immer ein Beigeschmack der Esoterik und Wahrsagerei an. Ein Bereich in dem alles möglich sein kann, aber nichts belegbar ist. Seit einiger Zeit jedoch bemühen sich Gelehrte verschiedener Sparten, den Traum aus wissenschaftlicher Perspektive zu betrachten und damit die Traumforschung auf eine fundierte Basis zu stellen. Dabei schwindet das Interesse an der Traumdeutung zunehmend und der Fokus der Forscher liegt auf dem sogenannten „Luziden Traum“. Die Bezeichnung leitet sich von dem lateinischen Wort „Lux“ (Licht) ab und wird umgangssprachlich häufig durch den Begriff „Klartraum“ ersetzt. Die wissenschaftliche Definition eines Klartraums lautet folgendermaßen:
„Ein luzider Traum ist ein Traum, in dem sich der Träumende seines Traumes bewusst ist.“
Meine frühen Klarträume
Glücklicherweise gehöre ich zu den 80 Prozent der Menschen, die sich an ihre Träume erinnern können. Schon lange bevor ich zum ersten Mal den Begriff „Klartraum“ gehört habe, hatte ich immer wieder Träume, in denen plötzlich die Frage auftauchte „Wo, um Himmels Willen bin ich hier?“. Die postwendend aufblitzende Antwort war immer mit einem Gefühl der Erleichterung verbunden und lautete sinngemäß: „Alles halb so wild, das ist ja nur ein Traum.“ Manchmal bin ich dann aufgewacht, noch immer von Erleichterung durchdrungen. Es gab aber auch Träume, die ich dann weitergeträumt habe – ich war ja in Sicherheit, alles war nur ein Traum. An manche dieser Träume, die ich als Kind hatte, kann ich mich noch heute so deutlich erinnern als wären es reale Erlebnisse.
Der Pionier des Klartraums
Als ich dann im Erwachsenenalter zufällig auf die Schriften von Paul Tholey (1937 - 1998) gestoßen bin, war das ein Aha-Erlebnis der Extraklasse. Tholey war Gestaltpsychologe und Professor am Institut für Psychologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Dort hat er ab 1959 mit einer Reihe Studenten das Phänomen des Klartraumes experimentell erforscht und dokumentiert. Gleichzeitig entwickelte er Techniken, um den Zustand des luziden Träumens gezielt herbeizuführen. Menschen, die sich im Schlaf mithilfe dieser Techniken willentlich in den Zustand des Klartraums versetzen können, werden Oneironauten genannt (von griechisch: oneiros, „Traum“ und nautēs, „Seefahrer“).
Wozu dient luzides Träumen?
Traumforscher gehen davon aus, dass in Träumen häufig Probleme oder Konflikte aus dem Unterbewusstsein widergespiegelt werden. Im Klartraum kann man Einfluss auf dieses zumeist surreale Geschehen nehmen, einen Traumablauf wiederholt durchspielen oder in eine gewünschte Richtung lenken. Die dabei im Traum gewonnenen Erfahrungen können in den Wachzustand transportiert werden und dort bei Problemlösungen helfen. Zahlreiche Künstler und Wissenschaftler suchen im Klartraum nach Inspiration oder Erkenntnis, um sie dann im wachen Zustand in konkrete Projekte umzusetzen.
Aber nicht nur Künstler oder Wissenschaftler können vom luziden Träumen profitieren: Menschen, die von Albträumen geplagt werden, können diesen mithilfe des Klartraums ihren Schrecken nehmen. Sie können sich selbst einen Aufwachbefehl geben oder den Traum in eine angenehme Richtung lenken. Im Klartraum hat der Träumende Klarheit über die eigene Entscheidungsfreiheit und kann auf das gesamte Wissen des Wachzustands zugreifen. Auch in der Psychotherapie werden Klarträume begleitend zur Behandlung posttraumatischer Belastungsstörungen eingesetzt.
Die grundlegende Technik
Ich selbst finde die Möglichkeiten des Klarträumens äußerst faszinierend und beschäftige mich seit einiger Zeit damit. Eine der einfachsten Techniken hat bei mir in den vergangenen Wochen bereits zu einigen Klarträumen geführt. Ich frage mich mehrmals täglich kritisch, ob ich träume oder wach bin. Dabei checke ich kurz die Umgebung nach (surrealen) Traumzeichen ab. Dieses Hinterfragen des eigenen Zustands (obwohl ich weiß, dass ich wach bin) transportiert mein Unterbewusstsein mit in den Schlaf. Dort stelle ich mir dann (ohne mein Zutun) im Traum auch die Frage, ob ich gerade träume und beantworte sie mit „Ja“. Ab diesem Moment befindet man sich bereits in einem Klartraum. Der Zustand ist schwer zu beschreiben, aber sehr interessant. Und nein, ich rauche keine Gewürzkräuter…
Wenn Interesse an einem Beitrag zu den weiterführenden Techniken des luziden Träumens besteht, lasst es mich in den Kommentaren wissen.
mich würde bevor ich von meinen Erfahrungen berichte, kurz noch wissen wollen, ob du hier von "Traumreisen" (Traumparalyse/Astralreisen) sprichst?
oder ob denn der "klartraum" ansich eine eigene Kategorie darstellt?
herzlichen gruß
Rambi
Hallo - in meinem Beitrag geht es ausschließlich um den sogenannten "Klartraum" oder "Luziden Traum". Mit dem Thema "Traumreisen" habe ich mich bislang noch nicht beschäftigt und weiß daher nicht, ob es Überschneidungen innerhalb der beiden Gebiete gibt...
Auf jeden Fall stellt der Klartraum eine eigenständige Kategorie der Traumforschung dar.
Wer weiß, vielleicht war ich in einem früheren Leben mal Klofrau 😂