Wer Ohren hat zu hören…
…der möge kurz folgender Begebenheit lauschen:
"Wattestäbchen", sagte mein HNO-Arzt und senkte seine Stimme zu einem bedeutungsschweren Raunen: "Wattestäbchen sind eine tolle Erfindung! Ich benutze sie immer um die Tastatur von meinem PC zu säubern. Und wenn man sie in Spiritus taucht, kann man damit hervorragend die Glieder eines Uhrenarmbands reinigen…", er blickte mich fragend an – "…aber für die Ohren?"
Zu dem Besuch bei besagtem Arzt hatte mich ein zunehmendes Taubheitsgefühl in meinem rechten Ohr geführt. Vergleichbar mit einem "Wasser-im-Ohr-Gefühl" nach dem Schwimmen. Unangenehm und lästig. Den Kopf schieflegen und hüpfen. Keine Veränderung. Erst mit dem Finger, dann mit einem Wattestäbchen im Ohr pulen – nichts half. Nach zwei Tagen, wie unter Wasser, beschloss ich, den Arzt meines Vertrauens aufzusuchen. Der griff zu seinem Otoskop und schaute in mein taubes Ohr. Seine Diagnose: Ein Propf aus verhärtetem Ohrenschmalz tief im Gehörgang. Mit der Ohrpinzette bekam er ihn nicht zu fassen. Also spülte er mein Ohr mit lauwarmem Wasser. Was dabei mit deutlich hörbarem Klacken in die silberne Nierenschüssel fiel, erstaunte mich. Ein annähernd kirschkerngroßer Klumpen. Dunkelbraun und ein wenig eklig. Aber ich konnte wieder hören! Danach gab mein Arzt mir einen kleinen Crashkurs zum Thema Ohrenpflege. Mein daraus gewonnenes Wissen möchte ich im Folgenden wiedergeben.
Ohren sind selbstreinigend!
Unsere Ohren, oder um genauer zu sein: Unsere Gehörgänge bedürfen im Regelfall keiner speziellen Reinigung. Feinste Flimmerhärchen im Ohr-Inneren sorgen mit ihrer Bewegung für den Abtransport aller im Ohr nicht erwünschten Fremdkörper. Schmutz- und Staubpartikel, abgestorbene Hautschüppchen und überschüssiges Ohrenschmalz – alles wird automatisch in Richtung Ohrmuschel (also Richtung Ausgang) abtransportiert. Dort kann dieser "Abraum" mit einem feuchten Waschlappen oder einem Wattepad entfernt werden. Das ist auch schon die komplette Ohrenpflege. Merke: Immer nur bis zum Gehörgang reinigen, nie weiter.
Ohrenschmalz ist kein Dreck!
Das von den Gehörgangdrüsen produzierte klebrige Sekret erfüllt wichtige Funktionen. Zum einen fettet es die Haut des Gehörgangs. Zum anderen unterstützt es die Bildung eines Säureschutzmantels im Ohr-Inneren. Dieser verhindert das Eindringen von Krankheitserregern. Einige Menschen leiden an einer Überproduktion von Ohrenschmalz. Das kann zu einer Verstopfung des Gehörgangs und erheblichem Hörverlust führen. Darüber hinaus erzeugt es ein unangenehmes Fremdkörpergefühl. In diesem Fall sollte eine regelmäßige Reinigung durch einen ARZT vorgenommen werden. Das führt direkt zum nächsten Punkt:
Wattestäbchen ja – aber NICHT für die Ohren!
Dass spitze und harte Gegenstände, wie Bleistifte oder aufgebogene Büroklammern, nichts im Ohr zu suchen haben, sollte jedem klar sein. Verletzungen der empfindlichen Haut im Gehörgang, oder schlimmstenfalls eine Perforation des Trommelfells können die Folge sein. Von Wattestäbchen hingegen wird oft angenommen, sie wären speziell für die Ohr-Reinigung entwickelt worden. DAS STIMMT NICHT! Wie bereits oben (von meinem HNO-Arzt) festgestellt, sind sie äußerst praktisch für die Reinigung aller möglichen Kleinteile. Damit erschöpft sich ihre Funktion aber auch schon. Im Ohr haben sie nichts verloren. Zwar ist hier die Verletzungsgefahr durch die Watte abgemildert, aber beim Versuch Ohrenschmalz zu entfernen, wird dieser nur tiefer in den Gehörgang bis vors Trommelfell geschoben. Dort angekommen, trocknet er aus und bildet einen harten Propf, der nur noch vom Arzt entfernt werden kann.
Zum Thema Wattestäbchen noch eine wahre und tragische Geschichte: Im Englischunterricht von Frau Gutberlet war es von Vorteil, in der linken Raumhälfte zu sitzen. Das galt insbesondere an Klausurtagen. Warum? Frau Gutberlet war auf dem rechten Ohr taub – was in der linken Raumhälfte getuschelt und geflüstert wurde, konnte sie nicht hören. Diese einseitige Taubheit war Folge eines Unfalls mit einem Wattestäbchen. Bei der Morgentoilette war Frau Gutberlet mit der Reinigung ihrer Ohren beschäftigt, als das Telefon klingelte. Ob es der frühen Stunde oder ihrer allgemeinen Zerstreutheit geschuldet war ist unbekannt. Auf jeden Fall vergaß sie, das Wattestäbchen aus ihrem rechten Ohr zu ziehen, bevor sie zum Telefon ging. Mit dem ihr eigenen Schwung griff sie zum Hörer und wollte gerade "Hallo" sagen, als der Hörer auf das Ende des Wattestäbchens knallte. Der Rest ist Geschichte…
Ob andere Ohr-Profis wie Dumbo oder der großartige Herr Genscher noch mehr zu dem Thema beisteuern könnten? Oder ihr selbst? Man weiß es nicht, man munkelt noch. Bleibt nur noch zu sagen: Haltet die Ohren steif und denkt dran – Ohren reinigen sich von alleine. Für den ungewaschenen Bereich HINTER den Ohren seid ihr hingegen selbst verantwortlich!
Ansonsten sollte man wirklich nichts in die Ohren stecken sondern wenn man das Gefühl hat sie sind nicht mehr so rein , zum HNO Arzt gehen .
Kreativling
Wattestäbchen nehme ich immer für kleine 'Ausrutscher' beim Schminken.