Beim Gang durch die Supermarktregale leuchten einem heutzutage von allen Seiten die fettgedruckten SUPERFOOD Aufschriften auf Packungen mit verschiedenstem Inhalt vielversprechend entgegen. Darunter stehen exotisch klingende Namen wie Aronia oder Spirulina, gefolgt von an Wunder erinnernden Wirkungsbeschreibungen. Und wenn es denn so gut für die Gesundheit sein soll, greift man doch gerne mal zu – auch bei einem teureren Preis. Der eigene Körper ist es schließlich wert. Aber muss das wirklich sein? Was ist wirklich drin im Superfood und wie viel steckt hinter den Werbeversprechen?
Was genau ist ein Superfood?
Superfoods sind laut Definition Lebensmittel mit ungewöhnlichem Gehalt an wertvollen und gesunden Inhaltsstoffen wie Vitaminen und Mineralstoffen. Ihnen werden allerlei positive Eigenschaften nachgesagt: von der Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens und Gewichtsverlust über bessere Fitness und Stressresistenz bis zur Vorbeugung und Heilung verschiedenster Krankheiten.
Doch der Begriff ‚Superfood‘ ist rechtlich nicht bindend, es gibt also auch keine gesetzlichen Anforderungen an den Nährstoffgehalt oder die gesundheitsfördernde Wirkung der so bezeichneten Lebensmittel. Somit dient die Bezeichnung vor allem der Werbeindustrie, die mit dem Begriff schlaues Marketing betreibt und ihn auf jedes Produkt druckt, dem noch so kleine Mengen von einem exotisch klingenden Stoff beigemischt wurden.
Deshalb stehen Superfoods inzwischen häufig in der Kritik und die Versprechungen werden zunehmend hinterfragt. Es ist also keine gute Idee, unüberlegt alles zu kaufen, wo Superfood draufsteht und Wunder zu erwarten. Stattdessen gilt, zu kontrollieren, wie viel von der beworbenen Pflanze sich wirklich im Produkt befindet und in welcher Form diese verarbeitet wurde.
Macht der Verzehr von Superfoods gesund?
Betrachtet man die einzelnen Pflanzen, die hinter den bunten Bildern und Versprechungen stehen, dann machen diese prinzipiell gar keinen schlechten Eindruck. Sie haben meist eine Vielzahl an Vitaminen oder Mineralstoffen vorzuweisen, die für eine gesunde Ernährung sicher zuträglich sind. Wenn man es sich aber genauer überlegt, dann finden sich diese Inhaltsstoffe auch in heimischem Obst und Gemüse – denn Vitamin C gibt es nicht nur in Südamerika. Dass die Superfoods grundsätzlich gesund sind, kann also kaum geleugnet werden. Ob sie aber gegenüber regional in Deutschland oder Europa angebauten Pflanzen einen gesundheitlichen Mehrwert bieten, ist in vielen Fällen fraglich.
Problematisch wird das Superfood, wenn man sich die Produktions- und Distributionsbedingungen vor Augen führt. Da es sich meist um exotische Pflanzen handelt, müssen lange Transportwege zurückgelegt werden. Das ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern tut auch der Pflanze nicht gut und kann zum Beispiel empfindliche Vitamine zerstören. Daher stehen Superfoods uns in Deutschland auch selten frisch, sondern getrocknet, wärmebehandelt oder als Extrakt zur Verfügung. Anders wäre der lange Transport gar nicht möglich. Allerdings gehen hierdurch viele der angepriesenen und auch wirklich gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe verloren und die Wirkung verpufft.
Zusätzlich werden bei Tests in solchen Superfoods häufig Schadstoffbelastungen von Pestiziden, Mineralölen oder Schwermetallen gefunden. Dieses Problem betrifft zwar nicht nur Superfoods, aber besonders bei Lebensmitteln aus Ländern mit undurchsichtigen Bestimmungen und Testverfahren besteht eine erhöhte Gefahr.
Da Superfoods stets ein Vielfaches regionaler Produkte kosten, sollte vor dem Kauf genau überlegt werden, ob die gesundheitlichen Vorteile den Preis rechtfertigen beziehungsweise, ob diese im spezifischen Produkt überhaupt nachgewiesen sind.
Superfoods und ihre heimlichen Doppelgänger
Du hast es wahrscheinlich schon geahnt: Kein Superfood ist das einzige seiner Art und gesundes Obst und Gemüse wächst auch in unserer Region zur Genüge. Vor dem Kauf von teuren Pulvern und Extrakten lohnt sich also ein Blick auf die heimische Vielfalt. Die Superfood-Liste zeigt dir Alternativen für 7 der hochgelobten super Früchte und Samen.
Leinsamen als Ersatz für Chia Samen
Die grau-schwarzen Kügelchen aus China bieten viele Proteine und Ballaststoffe und sind außerdem reich an Omega-3-Fettsäuren. Genauso gut können das die bei uns heimischen Leinsamen: Sie enthalten ebenso viele Ballaststoffe und Omega-3-Fettsäuren, sind günstiger und werden regional angebaut. Genau wie Chia Samen eignen sich auch Leinsamen beim Backen als Ei-Ersatz – auch sie ergeben beim zusammen mit Wasser eine geleeartige Masse.
Brombeere als Ersatz für Acai Beere
Die südamerikanische Frucht der Kohlpalme verspricht unter anderem mit einem hohen Gehalt an Antioxidantien, Omega-Fettsäuren und Kalzium gesund, jung und schlank zu machen. Heimische dunkle Beeren wie Brombeeren und Heidelbeeren kommen auf einen ähnlich hohen Gehalt an Antioxidantien und haben den Vorteil, dass dieser hier nicht durch einen langen Transportweg verringert wird.
Grüne Wildpflanzen als Ersatz für Moringa Blätter
Als Wunderbaum wird Moringa bezeichnet, der Heilung für sämtliche Krankheiten bringt. Ein hoher Anteil an den Vitaminen A, C und K, Magnesium, Zink und unzählige weitere Mineral- und Nährstoffe machen ihn zum Baum des Lebens. Die Blätter sind bei uns jedoch fast nur pulverisiert, zum Beispiel in Kapseln, zu haben, ein Teil der Nährstoffe geht also verloren. Man kann deshalb auch auf frische grüne Wildpflanzen wie Giersch, Sauerampfer oder Petersilie zurückgreifen – und davon einfach ein bisschen mehr essen. Oder du versuchst dich als Gärtner und pflanzt ein Exemplar bei dir zuhause im Topf an, um in den Genuss der frischen Wunderblätter zu kommen.
Schwarze Johannisbeere als Ersatz für Goji Beere
Die rote Beere wird mit ihrem hohen Vitamin A und C Gehalt sowie vielen gesundheitsförderlichen sekundären Pflanzenstoffen beworben. Sie soll bei Augenproblemen und hohem Blutdruck helfen und das Immunsystem stärken. Als Superfood ist sie meist in getrockneter Form erhältlich.
Unter dem weniger exotisch klingenden Namen gemeiner Bocksdorn wächst die Goji Beere auch in Mitteleuropa und kann sogar im eigenen Garten angebaut werden. Dann kannst du die Vorteile der Beere genießen und musst dich nicht mit langen Transportwegen oder Pestizidrückständen befassen. Alternativ kannst du auch je nach Geschmack auf schwarze Johannisbeeren oder Sanddorn zurückgreifen.
Brokkoli als Ersatz für Acerola Kirsche
Trotz ihres Namens und der optischen Ähnlichkeit ist die Acerola Kirsche nicht mit der uns bekannten Kirsche verwandt. Sie erzielt Spitzenwerte beim Vitamin C Gehalt und soll dadurch als Gesundheits-Booster wirken.
In Deutschland ist die in Mittel- und Südamerika beheimatete Frucht nicht frisch zu haben, da sie sehr schnell verdirbt. Vitamin C ist besonders empfindlich und wird bei Transport und Lagerung leicht zerstört. Trotz des hohen Gehalts in der frischen Frucht ist es daher besser, auf heimische Kohlsorten wie Brokkoli oder Grünkohl zurückzugreifen, die frisch zu kaufen sind. Am besten nur kurz kochen oder dünsten, da das Vitamin C auch hierdurch zu großen Teilen verloren gehen kann.
Heidelbeere als Ersatz für Aronia Beere
Durch ihren hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen soll die schwarze Beere die Leistungsfähigkeit steigern und die Entstehung von Krankheiten verhindern. Außerdem enthält sie einen hohen Anteil an den Vitaminen A, B, K und C. Ob Bluthochdruck oder Magen-Darm-Beschwerden, die Aronia Beere wird als Alleskönner gehandelt.
Im Laden ist die Beere meist getrocknet erhältlich, es finden sich jedoch auch frische und sogar regional angebaute Produkte. Die auch als Apfelbeere bekannte Frucht wächst problemlos in Europa und kann aufgrund ihrer Robustheit super im eigenen Garten zum Beispiel als Hecke angepflanzt werden, ohne besonderer Pflege zu bedürfen.
Auch in der Heidelbeere, die der Aronia Beere zum Verwechseln ähnlich sieht, aber um einiges süßer schmeckt, sind die gesundheitsförderlichen sekundären Pflanzenstoffe sowie viele Vitamine enthalten. Du kannst dir also aussuchen, welche Beere du dir schmecken lässt.
Hirse als Ersatz für Quinoa
Quinoa ist als glutenfreies Pseudogetreide mit hohem Eiweißanteil als Superfood besonders bei Sportlern sehr beliebt. Quinoa enthält alle acht essenziellen Aminosäuren und weist einen hohen Gehalt an Mineralstoffen wie Eisen und Magnesium auf. Allerdings wächst die Pflanze vorrangig in den Anden und muss bis zu uns nach Europa einen langen Weg zurücklegen. Und auch die Folgen für die einheimischen Bauern in diesen Gebieten stehen einem bedenkenlosen Verzehr entgegen: Aufgrund der erhöhten Nachfrage können diese sich den Quinoa nun selbst nicht mehr leisten und werden für ihre Arbeit oft schlecht bezahlt.
Eine glutenfreie Alternative zu Quinoa bietet Hirse, die man immer öfter aus regionalem Anbau findet. Wer keine Glutenunverträglichkeit hat, kann auf heimische Getreidesorten wie Dinkel oder auch Grünkern ausweichen – natürlich in Vollkornqualität.
Exkurs: Vitalstoffe – was unser Essen gesund macht
Bei der Bewerbung der positiven Eigenschaften von Superfoods wird mit unverständlichen Begriffen nur so um sich geworfen. Da ist dann die Rede von Polyphenolen, Riboflavin oder Flavonoiden – ganz nach dem Motto ‚Was wissenschaftlich klingt, kann ja nur gut sein‘. Hier findest du deshalb eine kurze Auflistung dazu, welche Mikronährstoffe in Obst und Gemüse dich fit und gesund machen. Denn mit einer Sache hat die Werbung auf jeden Fall recht: Die (nicht nur) in Superfoods enthaltenen Vitalstoffe sind lebensnotwendig und helfen uns, gesund zu bleiben.
Vitamine | Mineralstoffe und Spurenelemente | Sekundäre Pflanzenstoffe |
Vitamine sind Stoffe, die zum größten Teil nicht vom Körper selbst gebildet werden können und daher über die Nahrung zugeführt werden müssen. Sie sind unerlässlich für einen gesunden Körper, da sie am Aufbau von Zellen, Knochen und Zähnen sowie an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt sind und das Immunsystem stärken. Es gibt insgesamt 13 Vitamine, die sich alle hinsichtlich ihrer Aufgaben und Wirkung stark unterscheiden. Vitamine sind sehr empfindlich und können in Lebensmitteln zum Beispiel durch längere Lagerung oder Erhitzung zerstört werden. Um eine größtmögliche Vitaminmenge in den Körper aufzunehmen, solltest du Obst und Gemüse daher immer so frisch und unverarbeitet wie möglich zu dir nehmen. | Mineralstoffe sind anorganische Stoffe, die der Körper genau wie Vitamine nicht selbst bilden kann. Sie werden vom Körper zum Beispiel für den Knochenaufbau, die Blut- oder Hormonbildung und die Funktion von Muskeln und Nerven benötigt und übernehmen wichtige Funktionen im Organismus. Zu den Mineralstoffen zählen unter anderem Kalzium und Magnesium, Spurenelemente sind Mineralstoffe, die der Körper in noch viel geringeren Dosen benötigt. Dazu gehören zum Beispiel Eisen, Jod und Zink. | Im Gegensatz zu Vitaminen und Mineralstoffen sind sekundäre Pflanzenstoffe nicht lebensnotwendig, sollen aber gesundheitsfördernd wirken. Sie geben Pflanzen ihre Farbe und ihr Aroma und sind in vielen Superfoods enthalten. An ihnen wird oft die besondere Wirkung der Superfoods festgemacht. In unserer Nahrung gibt es bis zu 10000 verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe und genauso vielfältig sind auch die Effekte auf den Körper. Sie senken beispielsweise den Blutdruck, regulieren den Blutzucker oder wirken Entzündungshemmend. Sekundäre Pflanzenstoffe wirken oft antioxidativ und werden als Schützer vor freien Radikalen im Körper beworben. |
Soll ich Superfoods also lieber im Regal stehen lassen?
Superfoods sind eine tolle Möglichkeit, um den Speiseplan aufzupeppen und abwechslungsreicher zu gestalten, unser heimisches Obst und Gemüse tut es in Sachen Nährstoffe aber meist genauso – und in manchen Fällen sogar besser.
Wer es liebt, seine Geschmacksnerven hin und wieder mit einem exotischen Geschmack zu betören und das mit Gesundheitsvorteilen kombinieren möchte, der kann auf Superfoods zurückgreifen. Über das Essen in andere Länder zu reisen kann Spaß machen und bereichernd sein. Sei dir aber immer bewusst, dass es sich dabei um einen besonderen Luxus handelt und nicht um ein Lebensmittel, das für eine gesunde, ausgewogene Ernährung unbedingt notwendig ist.
Ein Smoothie to go oder ein Löffel vom bunten Pülverchen kann nicht als Jungbrunnen und Allheilmittel agieren – auch wenn die beworbenen Inhaltsstoffe gesund sein mögen. Vor allem eine ansonsten ungesunde Ernährung kann also durch Superfoods nicht wettgemacht werden. Die Vorgänge in unserem Körper sind komplex und für eine gute Gesundheit sind viele Faktoren verantwortlich. Außerdem gibt es meist keine klinischen Studien, die eine besondere, über die anderer Früchte hinausgehende, Wirkung belegen.
Vor allem stark verarbeitete Produkte, die durch die Beimischung von Superfoods besonders gesund sein sollen, müssen mit Vorsicht genossen werden. Denn ein zuckerhaltiger Müsliriegel wird durch eine Milligramm-Menge einer exotischen Frucht sicher nicht zum Wunderheilmittel. Behalte immer im Hinterkopf, dass es am besten ist, ein Lebensmittel als Ganzes, also möglichst unverarbeitet zu verzehren. Ist das bei Superfoods nicht möglich, bist du mit regionalen Alternativen meist besser bedient.
Abwechslung findest du außerdem nicht nur in der Ferne: Schau dich doch mal in deiner Region um und du wirst überrascht sein, was dort alles an Kräutern, Früchten und Gemüse wächst, von dem du noch nie probiert hast! Verrate uns gerne deine ganz persönlichen Superfood-Geheimtipps :-)
Mir ist bekannt, dass heimische Alternativen oft die gleiche Wirkung haben, aber ich mag den Geschmack einiger "Superfood"-Produkte (wobei ich den Namen völlig überzogen finde) , wie z.B. den von Chiasamen. Es geht mir nicht immer nur um Nährstoffgehalt; überwiegend zählt bei mir der Geschmack und Leinsamen knuspert nicht so schön wie Chiasamen 😆
Trotzdem ist es aber wichtig, aufzuklären, dass nicht alles Neue auch wirklich neu ist. 👍