Nein, diese Überschrift habe ich mir nicht selbst ausgedacht. Sie sprang mich letzte Woche in Form eines Werbeaufklebers in der U-Bahn Linie 1 an. Fette weiße Buchstaben auf einem Facebook-blauen Hintergrund. Am Rand ein kleiner Hinweis auf den Urheber dieser gewagten Aussage: Die Klax-Kitas in Berlin. Ich ließ mir das genüsslich auf der Hirnrinde zergehen – Traumberuf Erzieher.
Aha, dachte ich, und beobachtete dabei die kleine Kreuzberger Hippie-Familie, die mir schräg gegenüber saß. Beziehungsweise teilweise auf dem Rücken lag (also das etwa dreijährige Kind), mit den Füßen gegen die Sitzlehne trommelte und nach irgendetwas schrie, das ich nicht richtig verstand.
„IIIIIWWWWOHOHOLLTTEAHAHABERNOHOCHNIHICHGEHEHEEEN“ oder so ähnlich. Ich war kurz davor aufzustehen, der leicht panisch wirkenden Mutter beruhigend die Hand auf die Schulter zu legen und zu sagen „Schschsch, alles gut. Ab hier übernehme ich. Ich bin staatlich anerkannter Erzieher.“ Das Kind schnappte sich ein paar von Muttis Dreadlocks und zerrte daran, woraufhin Vati seinerseits begann an dem Kind zu zerren. Hat sich was mit den Hippies, dachte ich, von wegen Love and Peace und so. Ich stand nicht auf, ich sagte nichts. Wenn ich eins gelernt habe in meiner aktiven Zeit als Erzieher, dann das: Misch dich niemals in die Erziehung eines Kindes ein, solange die leiblichen Eltern anwesend sind. Als die drei, noch immer ineinander verknäult, am Kotti ausstiegen, wurde es wieder ruhig im U-Bahn-Waggon und ich dachte an meine Zeit als Erzieher.
Zum Beruf des Erziehers bin ich recht spät in meinem Leben gekommen. Ich hatte zuvor mehrere Jahre auf Kinder-Integrationsreisen des Berliner Lebenshilfe e.V. gearbeitet, zunächst als Wirtschaftskraft, dann als Betreuer. Mit diesem Hintergrund war der Schritt zur Erzieherausbildung die logische Weiterentwicklung. Das war 1997, ich war gerade 30 geworden. Die Praktika während der dreijährigen Ausbildung mitgerechnet, habe ich insgesamt 13 Jahre als Erzieher gearbeitet, bis es wegen eines Unfalls nicht mehr ging. Das ist länger, als ich mir jemals hätte vorstellen können in ein und demselben Beruf zu arbeiten. Und genau hier liegt eins der Geheimnisse des Erzieherdaseins: Kein Tag ist wie der andere. Natürlich gibt es gewisse Abläufe und Rituale, die sich täglich wiederholen, aber die machen nur einen kleinen Teil der Arbeit aus. Und selbst innerhalb dieser Rituale kommt nur selten das Gefühl von Routine auf, da ihr Ablauf immer mit der Tagesform aller Beteiligten variiert.
Meine Schützlinge (Ich hasse den Fachbegriff der Klientel) sind im Lauf der 13 Jahre immer jünger geworden. Angefangen habe ich in einem Jugendclub (12 bis 20-jährige), dann kam ein Schülerladen (6 bis 12-jährige), danach eine evangelische Kita (2 bis 6-jährige) und zum Schluss eine private Krippe (1 bis 3-jährige). Das bedeutet: Die Bandbreite der möglichen Tätigkeiten eines Erziehers reicht vom Billard spielen mit Jugendlichen, über Hausaufgabenbetreuung mit Schulkindern und Sandburgen bauen mit Kitakindern bis hin zum Windelwechseln bei Kleinkindern. Natürlich gibt es noch viel mehr zu tun, die Beispiele sollen nur veranschaulichen, wie vielseitig der Beruf des Erziehers ist.
Die Zeiten, als der Berufsbezeichnung „Kindergärtnerin“ noch das Klischee der Kaffee trinkenden Quasseltante anhing sind (zumindest hier in Berlin) vorbei. Ob Erzieher wichtige Vorschularbeit leisten, Eltern von Kleinkindern ermöglichen arbeiten zu gehen oder Jugendliche von der Straße holen – der Beruf ist und bleibt von immenser Wichtigkeit für unsere Gesellschaft. So, jetzt habe ich sehr weit ausgeholt, um zum Tipp dieses Beitrags zu kommen, aber jetzt: Jeder junge Mensch, der noch auf der Suche nach dem richtigen Beruf ist und gut mit Menschen (speziell Kindern) umgehen kann, sollte über eine Erzieherausbildung nachdenken. Und jeder bereits ältere Mensch, der in seinem jetzigen Beruf unzufrieden ist, sollte sich über die Möglichkeiten einer Umschulung zum Erzieher schlau machen. Ich liste hier mal die Vorteile des Berufs auf, möchte aber auch die Nachteile nicht verschweigen.
Pro Erzieher
- Erzieher werden händeringend gesucht, insbesondere männliche Erzieher gehen weg wie die sprichwörtlichen warmen Semmeln.
- Der Beruf ist krisensicher. Kinder (oder andere zu Betreuende) wird es immer geben.
- Die Arbeit mit Kindern hält jung.
- Man kann bei der Arbeit sehr kreativ sein. Musik machen, basteln (darf ich eigentlich nicht sagen, es heißt offiziell „gestalten“) und malen gehören zum Handwerkszeug eines Erziehers.
- Man bekommt von den Kindern sehr viel (wohltuendes) positives Feedback.
- Erzieher sind oft an der frischen Luft und bewegen sich viel (sollten sie zumindest).
Contra Erzieher
- Die Bezahlung ist, zumindest derzeit noch, schlecht. Mal sehen, ob sich daran unter der Flagge Jamaikas etwas ändert.
- Die Verantwortung ist sehr groß. Das bedeutet nicht unbedingt einen Nachteil, aber man muss wirklich jeden Moment auf dem Quivive sein.
- Der Personalschlüssel in den meisten Einrichtungen ist schlecht.
- Es kann mitunter sehr laut bei der Arbeit sein.
Die Auflistung erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Ich bin mir sicher, dass es hier bei Frag Mutti etliche Erzieher/innen gibt, die das in den Kommentaren ergänzen werden.
Nochmal zurück zu dem Werbeaufkleber in der U-Bahn – Traumberuf Erzieher. Das gilt sicher nicht uneingeschränkt und auch nicht für jeden. Aber grundsätzlich: Ja, für mich hat das lange Zeit absolut gestimmt.
Kreativling
Das ist mein Traumberuf, schon immer gewesen. Den darf ich jetzt auch "Gott sei dank" ausüben.
Das sollte jetzt aber keine Kritik an diesem Tipp sein, denn der ist sehr gut beschrieben. Jeder Mensch hat seinen eigenen anderen Traumberuf.
Immerhin hat sie bereits ein FSJ an einer Förderschule absolviert, also weiß sie in etwa, was auf sie zukommt.
Mein Fall wäre es definitiv nicht, schon allein aufgrund der Lautstärke.
Zu meiner Schulzeit kristallisierte sich gegen Ende ganz klar heraus, wer Kindergärtnerin oder Krankenschwester werden wollte und ich konnte das nie verstehen, denn damit hatte ich schon in den frühen 70ern nichts am Hut, obwohl ich da doch voll auf der Welle der antiautoritären Erziehung und Somerville surfte:
Es war nie mein Wunsch, diese berufliche Richtung einzuschlagen!
Mag es daran liegen, dass ich als Nachzügler trotz drei Schwestern als Einzelkind aufwuchs oder weil ich auch später in zwei Ehen nie einen Kinderwunsch verspürte und glücklicherweise die/den passenden Partner hatte/habe.........
In meiner Nachbarsfamilie haben Mutter, Tochter und Sohn diese Richtung eingeschlagen und gehen sicherlich darin auf - unverständlich für mich und in meinem jetzigen Alter könnte ich niemals noch in diesem Beruf arbeiten.
Wie schon erwähnt: Man muss dafür geboren sein.
Auch würde ich niemals die Verantwortung für fremde Kinder, mit denen ich arbeite, übernehmen wollen.
Besser hätte ich es nicht sagen können.
Viele werden das natürlich nicht verstehen.
#6xideluxe_reloaded
Meine Schwiegermutter war Erzieherin und sie hat es geliebt. Und sie war bis ins hohe Alter immer geistig fit.
Zum Tip: Ich wollte schon ganz früh Lehrerin werden, weil meine Mutter früher auch Lehrerin gewesen war.
Ich habe auch als verhältnismäßig kleines Mädchen schon Babies und Kleinhinder aus der Nachbarschaft spazierengefahren, das hat mir viel Spaß gemacht.
Meinen Beruf als Lehrerin habe ich an den Nagel gehängt, als ich das erste eigene Kind bekam. Aber einige Jahre später habe ich Spielgruppen mit Kindern im Alter von einem bis drei Jahren geleitet, nur ein paar Stunden in der Woche. Diese "Arbeit" habe ich über 20 Jahre gemacht, mit großer Freude. Und einige dieser Miniclubkinder duzen mich heute noch.
Einige Jahre habe ich dann auch Sprachförderung in mehreren Kindergärten gemacht. Da habe ich einen guten Einblick in deren Arbeit bekommen. Die Erzieherinnen und Erzieher leisten wirklich sehr viel!
Ich denke, die Freude an kleinen Kindern kann man nicht erzwingen. Und wenn jemand keine eigenen Kinder haben möchte, dann ist das sein gutes Recht und wird seine Gründe haben.
Und sicherlich ist nicht jeder Erzieher oder jede Erzieherin für diesen Beruf wirklich geeignet. Das merkt man ja leider oft erst sehr spät.
Aber für diejenigen, denen diese Arbeit liegt, kann es ganz bestimmt ein Traumberuf sein.
Danke, Kriss, für Deinen Bericht!
Solche Scherze finde ich lustig, sie passen zu mir (und zu Dir ja auch!)
Ich wünsche mir hier noch viele lustige Kommentare.
Ich finde aber auch die ernsthaften Gespräche sehr wichtig und hilfreich. Nur verbissen und gehässig sollten sie nicht sein.
@ Kriss: Haben sie meinen Post ( wg. Kränkung usw...) von heute schon gelesen?
Mea culpa! Deo gratias! Danke für die Einsicht!
"könnens" "wollens" Nicht-gut isses? Welche Sprache sprichst du?
Difficile est saturam non scribere....
Ich nehme das nicht so ernst. Je später der Abend, desto schöner die Gäste! 😂 Manchmal reicht schon ein Glas Wein, um sich auf FM mal Luft zu machen. Aber man kennt sich doch schon lange genug und weiß doch, wie man es einzuschätzen hat 😉
Sternzeichen: Meistens vage, aber je nach Akzent auch mal wider
Dann machte es Sinn....
Kann Dir gerade nicht folgen.............
Sternzeichen: Meistens vage, aber je nach Akzent auch mal wider
Jetzt ist der Groschen gefallen! Sorry: Natürlich Satiram! Danke! (Tippfehler: I und U liegen nebeneinander)
Früher ging die Erziehung zu Hause und im Kindergarten/Schule Hand in Hand. Klar haben sich die Kinder auch früher ab und an mal daneben benommen, aber heute hat das doch ganz andere Ausmaße.
Wenn ich sehe wie viele schlecht erzogene Kinder es heutzutage gibt. Ich hätte mich z.B. niemals getraut einen Erwachsenen zu beschimpfen, sei es meine Eltern, die Erzieher, einen Lehrer oder einen Fremden. Wenn ich dann mitbekomme wie manche Kleinkinder schon mit ihren Eltern reden... Da hätte ich links und rechts eins um die Ohren bekommen.
Hinzu kommen dann noch die Helikoptereltern, die ihre Kinder am liebsten in Luftpolsterfolie einpacken würden und von denen man erst einmal eine "Gebrauchsanweisung" für das Kind bekommt. Keine Laktose, kein Gluten, keine Nüsse, nicht im Dreck spielen, kein Unkraut essen, 10 Jacken für verschiedene Wetterlagen und wenn es kälter als 10°C ist darf das Kind nicht draußen spielen.
Ich selber merke den Unterschied schon bei meinen Schülern in der Berufsschule. Und die sind immerhin alle ca. 18-20 Jahre alt. Da wird der Lehrer einfach mal geduzt, man geht während des Unterrichts zur Toilette ohne den Lehrer zu fragen, Hausaufgaben werden nicht gemacht, usw.
Mit dem "Gratis-Deo" ist mein Groschen in Zeitlupe gefallen, aber jetzt ist er gelandet?
Morgens um 8 Uhr ist die Welt noch in Ordnung, bis die kleinen Engelchen abgegeben werden. Die meisten Eltern sind sehr nett, aber es gibt auch Eltern, oh man oh ..... So bald man es wagt, Kritik an ihrem Sonnenschein zu üben,ist man die böse Erzieherin, die ja üüüüüüberhaupt nicht sieht, wie süüüüüüüüüüüüß das Engelchen doch ist. Da gibt es Eltern, die ihr Kind in Watte packen und bei jedem Luftzug drinnen lassen möchten (geht bei uns nicht),dann gibt es Eltern, die das aktuelle Wetter nicht mit bekommen und einfach nicht verstehen, das ein Kind bei Minusgraden Winterschuhe benötigt. Das genaue Gegenteil gibt es auch. Mitteilungen werden nicht gelesen und so passiert es, das sie vor geschlossener Tür stehen, da die Mitarbeiter eine Fortbildung haben.
Dann gibt es welche, die sich darüber beschweren, das wir Fortbildungen besuchen (warum denn nicht am Samstag?).
Eltern, die ihre spuckenden Kinder in die Einrichtung bringen, Eltern .........
Ich möchte nicht vergessen, die wirklich netten, interessierten und hilfsbereiten Eltern erwähnen, nur leider gibt es sie nicht Haufen weise.
Ich habe als Leiterin in einer kleinen Kita gearbeitet,ich habe mit behinderten Kindern (super tolle Eltern),ich habe situativ,ich habe halboffen und nun offen gearbeitet. Ich habe einen Abstecher bei alten Menschen gemacht (tolle Arbeit).
Ja,der Beruf ist abwechslungsreich und wir sollen/müssen/dürfen spontan sein. Ich kann eigene Ideen einbringen,ich bin sehr viel draußen und ich mag die Offenheit der Kinder.
Mich motiviert es, einem Kind in seiner Entwicklung zu helfen, aber mich frustriert es, das wir oft noch als Bastel - und Spieltanten angesehen werden. Ich würde gerne so manche Eltern einladen, einen Tag bei uns zu verbringen und sich dann um eine größere Gruppe Kinder zu kümmern. Ich bin mir sehr sicher, das sehr viele an ihre Grenze kommen würden und nicht nur das Engelchen sehen.
Die Bezahlung könnte besser sein, aber ich bin nicht unzufrieden und es gibt schon so einige Möglichkeiten, etwas höher in den Beruf zu kommen.
Alle Menschen, die meinen, die Liebe zum Kind reicht für diesen Beruf, sollten sich noch einmal ernsthaft mit ihrem Berufswunsch auseinander setzen.
Trotz der kurzen Zeit, die ich dort war, kann ich sagen, die Kinder sind so dankbar und begeistert, wenn jemand Zeit hat, sich mit ihnen zu beschäftigen. Nicht nur in der Gruppe, sondern auch mal einzeln.
Ich bin hier neu und ne „alte Erzieherin“ von 51 Jahren.
Ich muss sagen, dass ich immer weniger Spaß an der Arbeit habe, was an den beschissenen Vorraussetzungen und Bedingungen liegt. Ich muss mit meiner 54 jährigen Kollegin 29(!!!) Kinder von 3- 6 Jahren betreuen, schulfit machen und immer ein offenes Ohr für die Eltern haben.
Zum Glück verstehe ich mich super mit meiner Kollegin und wir arbeiten Hand in Hand. Aber ich bin immer öfter krank mit Infekten und das obwohl ich wirklich gesund lebe, viel Sport mache und es mir in meiner Ehe auch super geht.
Trotzdem kann ich nicht mehr und heute habe ich mich krank gemeldet, weil ich seit letzter Woche wieder mal mit Heiserkeit und Erkältung zu kämpfen habe. Ich geh nicht mehr krank arbeiten auch wenn das erwartet wird. Meine Gesundheit ist mir inzwischen wichtiger!!!
Außerdem werde ich beim Personalamt nach nem anderen Job fragen. Bin im öffentlichen Dienst tätig. Es reicht mir einfach!!! Es muss doch noch andere Möglichkeiten geben für mich.