Neukreationen gepaart mit Anglizismen und Abkürzungen, die auch ausgeschrieben keiner versteht. Groß- und Kleinschreibung spielt keine Rolle mehr, Zeichensetzung sowieso nicht und überhaupt werden eh nur noch Sprachnachrichten hin und her versendet.
Ist dem wirklich so? Steht unsere Sprache kurz vor dem Verfall? Ich, als ehemalige Germanistikstudentin mit einem ständigen innerlichen Drang die Grammatik meines Umfelds zu verbessern, sage „Nein“. Und erkläre euch hier gerne die Gründe dafür.
1. Die Jugendsprache gibt es schon lange
Die Jugendsprache ist keine neumodische Erscheinung. Sie entwickelt sich nur weiter, sowie sich unsere gesamte Sprache in einem ständigen Wandel befindet. In meinem Beitrag über alte deutsche Wörter, die in Vergessenheit geraten sind, erkläre ich wie dieser Wandel durch die Wirtschaft, die Politik und die Gesellschaft beeinflusst wird. In unserer schnelllebigen Welt, in der ein Fortschritt dem nächsten folgt, entwickelt sich die Jugendsprache adäquat – wodurch sie in den letzten Jahren mehr in den Fokus gerückt ist.
Jede Generation besitzt ihre eigene Jugendsprache. Während die heutige Jugend bei Wörtern wie „hanebüchen“ und „Stelldichein“ kichert, verdreht die ältere Generation bei „cringe“ und „Babo“ die Augen. Darüber hinaus ist jede Jugendsprache irgendwann veraltet und wird nicht mehr als solche wahrgenommen. Einige Wörter gehen still und leise in den normalen Sprachgebrauch und sogar in den Duden über. Bekannte Beispiele dafür sind die Wörter „cool“ oder „chillen“. Überdies gibt es in nahezu allen Ländern eine Jugendsprache.
2. Die Jugendsprache dient der Identitätsfindung
Die Jugendsprache stellt keine „Verdummung“ unserer Jugend dar, sondern nimmt in ihrer Identitätsfindung einen hohen Stellenwert ein. Durch ihre eigene Sprache fühlen sich Jugendliche einander zugehörig und können sich von Älteren abgrenzen. Es ist völlig normal und auch wichtig, dass sich Jugendliche mit anderen Normen und Werten befassen als Erwachsene. Die Jugendsprache ist ein Instrument für ihr eigenes soziales Umfeld.
Natürlich ist es auch „cool“ solche „hippen“ Wörter zu Verwenden, doch die Jugendlichen sind diese Wörter so gewohnt, dass sie automatisch in ihrem Sprachfluss auftauchen. Wichtig hierbei ist zu verstehen, dass die Jugendsprache eine zeitliche Erscheinungsform ist. Bisher haben es alle Generationen geschafft, sich weiterzuentwickeln und „normal“ zu kommunizieren.
3. Die Jugendsprache fördert die Kreativität
Neue Wortschöpfungen sind letztendlich ein Ausdruck von Kreativität – und wieso sollte so eine wichtige Fähigkeit negativ bewertet werden? Die Jugendlichen spielen mit ihrer Sprache, sie erweitern ihren Wortschatz in Fremdsprachen, sie verarbeiten Zitate aus Filmen und Songs und vieles mehr.
4. Anglizismen vs. Gallizismen
Ein großer Kritikpunkt der Jugendsprache ist das Denglisch, also die Vermischung der deutschen und der englischen Sprache. Während um die Verwendung von Anglizismen oft viel Aufruhr herrscht, findet der Gebrauch von Gallizismen, also französischer Wörter, in der Gesellschaft deutlich mehr Akzeptanz. Warum ist dies so?
Im 18. Jahrhundert war die französische Sprache an den europäischen Höfen sehr dominant und wurde von den meisten einflussreichen Personen zumindest in ihren Grundzügen beherrscht. Durch diesen Umstand wird die Verwendung von Gallizismen bis heute als gehoben betrachtet.
Der Aufstieg des Anglizismus ist hingegen auf die Globalisierung zurückzuführen. Englisch hat sich zu einer wichtigen Weltsprache entwickelt, die Millionen von Menschen als Erst- oder Zweitsprache beherrschen. Darüber hinaus wird der Anglizismus durch die Nutzung neuer Medien gefördert, durch welche Menschen aus der ganzen Welt miteinander kommunizieren können sowie Inhalte kontinentübergreifend verfügbar sind. Ist es nicht wunderbar, dass die Jugendlichen vor den fremdsprachigen Inhalten nicht zurückschrecken, sondern ihrer mächtig werden?
Wenn wir also unseren Standpunkt wechseln, merken wir, welche positiven Aspekte der Anglizismus mit sich bringt, weshalb wir ihn lieber fördern anstatt verfluchen sollten. Zu guter Letzt gibt es Wörter, die sich nicht exakt ins Deutsche übersetzen lassen, ohne ihre ursprüngliche Bedeutung zu verlieren. In diesem Beitrag erfährst du mehr über Gefühle, für die es keinen passenden deutschen Ausdruck gibt.
Auch Abkürzungen gibt es schon immer
In der Jugendsprache finden viele Abkürzungen Gebrauch, sowohl deutsche als auch englischsprachige. Zu den Bekanntesten zählt „lol = laughing out loud“, was so viel bedeutet wie „laut loslachen“ und verwendet wird, wenn man etwas besonders witzig findet. So befremdlich diese Abkürzung noch vor ein paar Jahren für Erwachsene klang – heute gehört sie für viele zum Alltag. In der Jugendsprache haben sich darüber hinaus Variationen von „lol“ etabliert wie z. B. „lel“ oder „lörl“. Warum? Um sich wieder von den Erwachsenen abzugrenzen.
Aber auch Abkürzungen wurden schon immer verwendet. Hier im Forum bin ich über das Kurzwort Göga“ gestolpert. Ich musste googlen um herauszufinden, dass damit „Göttergatte“ abgekürzt wird. Ein Begriff, den ich in meinem ganzen Leben noch nie verwendet habe, weil er nicht zu „meiner“ Jugendsprache gehört.
Liste mit Jugendwörtern und ihre Bedeutung
Jugendwort | Bedeutung |
---|---|
awkward und cringe (Anglizismen) | Wird als Adjektiv für unangenehme und peinliche Situationen verwendet. |
bae | Abkürzung für „before anyone else“. Wird meistens auf den Partner bezogen, kann aber auch als Adjektiv für „schön“ verwendet werden. |
Babo | Chef, Anführer, Boss |
Ehrenmann/Ehrenfrau | Jemand, der durch eine bestimmt Tat ein hohes Ansehen besitzt oder dem man für etwas sehr dankbar ist. |
(epic) fail (Anglizismus) | großer Fehler |
fame (Anglizismus) | berühmt, bekannt |
genius (Anglizismus) | genial |
Gönn dir | Anderer Ausdruck für „viel Spaß dabei“. |
lit | Ein allgemeines, positives Adjektiv wie schön oder spaßig. |
lol | Abkürzung für „laughing out loud“. Wird verwendet um auszudrücken, dass man etwas witzig findet. |
lost (Anglizismus) | ahnungslos, unsicher, verloren |
spill the tea | Eine Aufforderung, ein Geheimnis oder Tratsch preiszugeben. |
periodt | Ein Begriff der verwendet wird, um eine Diskussion zu beenden, da dem Gesagten nichts mehr hinzuzufügen ist. Ähnlich wie „Amen“. |
wyld | verrückt, krass |
Wie denkst du nach diesem Beitrag über die Jugendsprache? Fallen dir noch weitere Jugendwörter ein? Ich freue mich auf eine interessante Diskussion in den Kommentaren.
"lol", "rofl" und auch "cu" oder auch "n8" kenne ich aus meinen Anfängen im Internet (1997), als man in Chats unterwegs war und nicht so viel tippen wollte: "laugh out loud", "rolling on floor laughing", "see you" und "Nacht" (gute Nacht).
Es gibt übrigens nicht nur Wörter, die sich schlecht ins Deutsche übersetzen lassen und deshalb in der Originalsprache übernommen wurden. Es geht auch anders herum: Andere Sprachen sind voll von deutschen Wörtern, für die es keine Übersetzung gibt und für die man dann einfach das deutsche Wort übernommen hat.
So gibt es im Englischen z.B. das Wort "schadenfreude" mangels eines passenden englischen Worts. Das ist natürlich nur eines von vielen Wörtern: kindergarten, zeitgeist, schleppen ("to schlep" https://dictionary.cambridge.org/de/worterbuch/englisch/schlep ), "to abseil", "doppelgänger" uvm. Viellicht eine Idee für einen der nächsten FunFridays?
Übrigens: Im Russischen heißt "Krawatte" wohl "Halstuch" (https://de.pons.com/%C3%BCbersetzung/deutsch-russisch/Krawatte ).
Oder wie es in einer alten Jugendsprache hieß:
" Voll fett, kann man nicht gegen anstinken " 😉