Schon vor über 100 Jahren hatten viele Frauen die Nasen gestrichen voll: Sie beschlossen, ihr stilles, benachteiligtes Dasein zu beenden und für ihre Rechte auf die Straße zu gehen. Der Grundstein für den Internationalen Frauentag war damit gelegt. Heute sind wir zwar ein gutes Stück vorangekommen – aber der internationale Weltfrauentag am 8. März macht uns eines klar: Es gibt noch viel zu tun, Mädels!
Inhaltsverzeichnis
- Suffragetten in den USA
- Ein echter Feiertag?
- Gender Pay Gap
- FüPoGII – Sperriger Name, gute Sache
- Freiheit? Gleichheit? Diversität? – USA und Ungarn
Suffragetten in den USA
Los ging alles vor mehr als 100 Jahren in den USA. Um 1900 hatten die Frauen genug von ihren benachteiligten Arbeits- und Lebensbedingungen. 1909 riefen sie deshalb einen nationalen Kampftag für das Frauenwahlrecht aus. Frauen, die das Wahlrecht forderten, nannte man damals „Suffragetten“ – vom französischen Wort für Wahlrecht, „suffrage“.
In Dänemark, dem damaligen Deutschen Reich, der Schweiz und Österreich-Ungarn nahmen sich Frauen die Suffragetten zum Vorbild: Sie taten ihre Meinung lautstark am 19. März 1911 beim ersten Frauentag in Europa kund. Das Datum wählten sie im Gedenken an die Opfer der Märzrevolution 1848. Erst seit 1921 findet der internationale Weltfrauentag am 8. März statt.
Das Wahlrecht in Deutschland erreichten die Frauen zwar 1919, allerdings waren die Frauen hierzulande damit 13 Jahre später als in Finnland dran. Und auch sonst waren sie von einer echten Gleichberechtigung Lichtjahre entfernt. Fruchtlose Diskussionen um Kindererziehung, Lohngleichheit und -kürzungen – all das kommt uns heute nach wie vor bekannt vor.
Ein echter Feiertag?
In Deutschland ist der Weltfrauentag heute nur in Berlin ein gesetzlicher Feiertag – seit 2019. Berlin war damals das Bundesland mit den wenigsten gesetzlichen Feiertagen. Das wollten 87 Abgeordnete gerne ändern und setzten sich gegen 60 Gegenstimmen durch.
Berlin befindet sich damit in überraschender Gesellschaft. Denn ein „echter“ Feiertag ist der Frauen-Welttag unter anderem auch in Georgien, Angola, Nordkorea, Russland, Nepal, Uganda, der Ukraine, Vietnam und Kambodscha.
Gender Pay Gap
Der Blick in die Vorstandsetagen börsennotierter, deutscher Unternehmen offenbart leider erst seit der Einführung der verbindlichen Frauenquote etwas mehr Weiblichkeit. Und beim Blick auf die ungerechten Gehaltsschecks staunen wir in den meisten Winkeln dieser Welt nach wie vor Bauklötze. Das gilt bedauerlicherweise auch für Deutschland. Denn hier verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt im Schnitt rund 20 % weniger als Männer auf denselben Positionen.
Dieses geschlechtsspezifische Lohngefälle wird Gender Pay Gap (GPG) genannt. Dabei unterscheidet man noch zwischen un- und bereinigtem GPG. Beim bereinigten, der mehr als die Hälfte geringer ausfällt, werden strukturbedingte Unterschiede berücksichtigt – das betrifft „typische“ Branchen, in denen mehr Frauen als Männer arbeiten sowie Arbeitszeitmodelle wie Mini- und Teilzeitjobs. In Österreich und Deutschland findet deshalb am 10. März der Equal Pay Day (EPD) statt – an dem über die nach wie vor ungleiche Bezahlung der Geschlechter hitzig debattiert wird.
FüPoG II – Sperriger Name, gute Sache
Manchmal verstecken sich hinter sperrigen Formulierungen auch positive Entwicklungen. So ein „Ding“ ist das zweite Führungspositionengesetz – oder eben FüPoG II. Die Bundesregierung nimmt seit 2021 damit Unternehmen stärker in die Pflicht, Positionen in der Führungsetage mit Frauen zu besetzen.
Die Variante „I“ hatte 2015 noch vorausgesetzt, dass sich Unternehmen freiwillig für Frauen in Führungspositionen entscheiden. Nun macht Variante „II“ der viel belächelten, wenig effektiven Freiwilligkeit konkrete Beine. Dazu gehört nicht nur die Frauenquote, sondern auch die Vereinbarkeit von Führungsposition und Familie.
Mit gutem Beispiel vorangehen will der öffentliche Dienst: Hier sollen 50 % aller entsprechenden Stellen mit Frauen besetzt werden. Dass das keine reine Zukunftsmusik ist, beweist Lettland: Hier sind bereits knapp 50 % aller Führungskräfte Frauen.
Freiheit? Gleichheit? Diversität? – USA und Ungarn
Toiletten für Männer und Frauen – das reicht doch! Häme und Spott ergießen sich derzeit über Demonstrantinnen und Demonstranten an deutschen Universitäten, die sich für weitere Toiletten einsetzen. Stichwort „LGBTQ+“. Die Abkürzung steht für Menschen, die lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell, transgender, queer, inter- oder asexuell leben.
Nur zu gerne würden manche Menschen das Rad der Zeit zurückdrehen und einen selbstbewussten Umgang mit der eigenen, selbst gewählten sexuellen Identität – und den damit verbundenen Rechten – einschränken. In den USA ist das zum Teil geglückt. Dort hatten Frauen fast 50 Jahre lang das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche. 2022 hat der konservativ dominierte Supreme Court Abtreibungsverbote auf den Weg gebracht, dank derer verschiedene Staaten entsprechende Gesetze umgesetzt haben. Eine Abtreibung ist dort nicht einmal mehr für minderjährige Vergewaltigungsopfer möglich.
Doch müssen wir in Sachen eingeschränkte Gleichheit und Freiheit, selbst gewählte Identität und Toleranz nicht über den großen Teich schauen. Es reicht der Blick in die Nachbarschaft, zum Beispiel nach Ungarn. Dort ist seit 2021 die öffentliche Aufklärung von Kindern verboten, Werbung mit homosexuellen Personen ebenfalls. Die rechtsextreme Jobbik-Partei stellte zudem den Antrag, Menschen, die ihre Homosexualität öffentlich „erkennbar“ machen, für acht Jahre ins Gefängnis zu stecken.
Vielleicht sehen wir den Kampf für die „queere“ Toilette in unseren Universitäten durch solche Entwicklungen in einem etwas anderen Licht. Schließlich steht er im Grunde für etwas ganz anderes: für das Recht auf Gleichheit und Meinungsfreiheit, für Chancengleichheit, Toleranz, Fortschritt und damit eine weltoffene, demokratische Gesellschaft. Denn dieser Kampf ist auch nach 100 Jahren noch lange nicht beendet. Und er betrifft nicht nur uns Frauen.