Funktionaler Analphabetismus

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Ein aufgeschlagenes Buch hat Seiten, die sich in Herzform winden, was die Bedeutung des Lesens und Bildung symbolisiert.

Neulich habe ich aus Zufall einen Bericht über Analphabeten in Deutschland gelesen. In dem Artikel wurde eine Prozentangabe genannt, die ich auf den ersten Blick als unrealistisch hoch einschätzte. Doch einige Klicks später hatte ich die Zahl verifiziert: In Deutschland leben tatsächlich etwa 7,5 Millionen Erwachsene, die als funktionale Analphabeten gelten. Um zu verstehen, was einen „funktionalen“ Analphabeten von einem „echten“ Analphabeten unterscheidet, folgt eine kurze Begriffsklärung:

Die verschiedenen Ausprägungen von Analphabetismus

  • Primärer Analphabetismus: Betroffene können weder lesen noch schreiben und haben es auch nie gelernt. Der Bevölkerungsanteil dieser „echten“ Analphabeten ist in Entwicklungs- und Schwellenländern deutlich höher als in Industriestaaten. In Deutschland sind rund vier Prozent der Erwachsenen davon betroffen.
  • Sekundärer Analphabetismus: Der Begriff bezeichnet Menschen, die den schriftlichen Gebrauch von Sprache zwar erlernt, dann aber wieder verlernt haben.
  • Semi-Analphabetismus: Betroffene können zwar lesen, aber nicht schreiben.
  • Funktionaler Analphabetismus (Illettrismus): Ein funktionaler Analphabet erkennt Buchstaben und kann einzelne Wörter (seinen Namen) schreiben, erfasst den Sinnzusammenhang längerer Texte aber nur schwer oder gar nicht. Der Bevölkerungsanteil funktionaler Analphabeten beträgt in Deutschland etwa 14 Prozent.
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Ursachen für funktionalen Analphabetismus

Interessanterweise sind Männer mit 60 Prozent deutlich häufiger von funktionalem Analphabetismus betroffen als Frauen (40 Prozent). Magdeburger Neuropsychologen haben sich im Rahmen eines dreijährigen Projekts von 2008 bis 2010 den möglichen Ursachen von Illettrismus gewidmet. Dabei widerlegten sie die bis dahin vertretene These, funktionaler Analphabetismus sei ausschließliche eine Folge ungünstiger sozialer Faktoren. Zu diesen Faktoren zählen familiäre Einflüsse, hohe Fehlzeiten in der Schule oder häufige Schulwechsel, wenig Kommunikation und fehlende Anregung zum Lesen oder Schreiben. Als weiteren, bis dahin kaum beachteten Faktor, benannten die Neuropsychologen eine unzureichende neuronale Verschaltung des Gehirns.

Im Rahmen der Studie wurde eine offensichtliche Parallele zwischen Kindern mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) und erwachsenen funktionalen Analphabeten deutlich: In beiden Fällen liegt eine grundlegende Störung bei der Weiterverarbeitung akustischer und visueller Reize vor. Wenn dieses Wahrnehmungsdefizit durch die bereits genannten sozialen Faktoren verstärkt wird, kommt es auch im Erwachsenenalter häufig zu einem Lese- und Rechtschreib-Defizit.

Funktionaler Analphabetismus im Alltag

Für Menschen mit normaler Schreib- und Lesekompetenz ist es nur schwer nachvollziehbar, mit welchen Schwierigkeiten funktionale Analphabeten im täglichen Leben zu kämpfen haben. Bedienungsanleitungen technischer Geräte, Fahrpläne öffentlicher Verkehrsmittel und schriftliche Arbeitsanweisungen bleiben ihnen ebenso unverständlich wie Behördenbriefe oder Texte in Zeitungen, Büchern und dem Internet. Die Welt ist gespickt mit schriftlichen Botschaften, die einem das Leben erleichtern oder verschönern sollen. Kann man sie nicht entziffern, hat man nicht nur ein Problem, sondern viele.

Illettrismus führt in vielen Fällen zu sozialer Isolation, da die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nur sehr eingeschränkt möglich ist. Dazu kommt die Bürde der Scham, die viele Betroffene mit sich herumschleppen. Anstatt ihr Problem zu benennen, entwickeln sie Strategien, um ihre Schwäche zu verheimlichen. Die vergessene Brille oder eine verletzte Hand gehören zu den Standardausreden eines funktionalen Analphabeten, wenn es um das Ausfüllen eines Formulars oder eines Anamnesebogens beim Arzt geht. Die Probleme in der Arbeitswelt liegen auf der Hand. Daher überrascht es nicht, dass die Quote funktionaler Analphabeten unter Hilfskräften 27 Prozent und bei Erwerbslosen sogar 32 Prozent beträgt.

Hilfsangebote für funktionale Analphabeten

Das Bundesbildungsministerium scheint das Problem erkannt zu haben und startete bereits 2016 eine mit 180 Millionen Euro geförderte Alphabetisierungsdekade. Ziel dieser Aktion ist es, mehr Betroffene für spezielle Bildungsangebote zu gewinnen und zugleich die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren. Darüber hinaus sollen Ursachen und Verbreitung von funktionalem Analphabetismus noch besser erforscht werden.

Neben dieser (begrüßenswerten) politischen Schützenhilfe ist aber vor allem das persönliche Engagement von Betroffenen und Angehörigen entscheidend. Nur wer sich zu seinem Problem bekennt, kann auch von entsprechenden Hilfsangeboten Gebrauch machen. Ähnlich wie bei einer Suchtproblematik fällt es Menschen mit Illettrismus oft sehr schwer den ersten Schritt alleine zu gehen. Ein verständnisvoller und engagierter Motivator kann dabei ungemein hilfreich sein. Ob es sich dabei um einen Familienangehörigen, einen Freund oder den Mitarbeiter einer Fördereinrichtung handelt ist nebensächlich – wichtig ist ein stabiles Vertrauensverhältnis.

Die meisten Volkshochschulen bieten Alphabetisierungskurse an. In diesen Grundbildungskursen werden Lese- und Schreibkompetenz anhand alltagsnaher Themen geschult. Wer diese Öffentlichkeit scheut, findet im Internet zahlreiche Lernportale, die anonym Hilfe anbieten. Auf der Homepage des Bundesverbands Alphabetisierung und Grundbildung e.V. (http://www.alphabetisierung.de/) gibt es weiterführende Informationen zu den verschiedenen Hilfsangeboten. Auch unter der Rufnummer 0800/53334455, dem sogenannten „Alfa-Telefon“, können sich Betroffene oder Angehörige über verfügbare Hilfsangebote informieren lassen.

Extra-Tipp: In dem großartigen Film Das Labyrinth der Wörter spielt Gérard Depardieu einen funktionalen Analphabeten, der durch die zufällige Begegnung mit einer älteren Dame seine Liebe zur Literatur entdeckt und lesen lernt. Sehenswert!

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15 Kommentare

In bezug auf Gebrauchsanweisungen und Behördensprache bin ich auch ein funktionaler Analphabet!
Deine Zusammenstellung ist sehr interessant. Eigentlich kann man sich gar nicht vorstellen, daß es in unserem modernen Deutschland so viele Menschen gibt, die nicht richtig lesen und schreiben können.
Funktionalen Analphabetismus nennt man auch Legasthenie. Einer meiner Söhne ist Legastheniker, ihm geht es wie Maeusel. Texte lesen, aber am Ende nicht wissen, Was da steht, bzw den Sinn nicht genau erfassen oder wiedergeben zu können. Wenn er Briefe bekommt mit längerem Text, leitet er das Schreiben an mich weiter, damit ich ihm dann sage/erkläre, Was gemeint ist. Legastheniker sind keineswegs “dumm“, sie werden nur schon in der Schule dahingehend abgestempelt und selten aktiv gefördert oder beachtet.
Ich lebe seit über 20 Jahren in Amsterdam neben einer lieben Nachbarin aus Surinam, die mir mit den Jahren zur guten Freundin wurde. Wir haben viel zusammen unternommen, sie liebt es wie ich, durch die Geschäfte zu bummeln und kauft auch sehr gerne ein.
Seit einem Jahr erst weiß ich, dass sie Legasthenikerin ist. Obwohl wir ständig zusammen waren, hat sie es all die Jahre so gut verheimlichen können, dass ich -- durchaus ein Mensch, dem wenig entgeht -- das nicht bemerkt habe. Es gab Situationen, die mich verwunderten, aber darauf wäre ich nie gekommen, zumal wir auch über Whatsapp kommunizieren, wenn ich nicht im Lande bin. Das allerdings nur über Fotos, Smileys und Bildchen, was ich aber auch nie hinterfragte.
@xldeluxe_reloaded: naja, wenn man bedenkt, daß richtige Analphabeten auch sehr sehr gut verbergen können, daß sie weder lesen noch schreiben können, dann können Legastheniker ihre Schwäche erst recht verbergen.
Whatsapp hat den Vorteil, daß Wörter vorgegeben werden und die Möglichkeit eine Sprachnachricht zu senden😃
@Alicia54:
Ich bin bei Whatsapp-Nachrichten immer davon ausgegangen, dass halt nicht jeder Vielschreiber ist oder überhaupt gerne schreibt und ja, es stimmt: Mit Sprachnachrichten kommen wir gut klar. Dass es dafür Gründe gibt, darauf wäre ich nie gekommen. Gewundert hat mich zwar, dass sie nirgendwo alleine hingeht, dachte aber, dass das halt eine kulturelle Sache sei: Sie hat eine große Familie und der Zusammenhalt ist grundsätzlich sehr gut.
@Alicia54: Jetzt läuft hier aber einiges durcheinander!
Erstens: Funktioaler Analphabetismus ist nicht grundsätzlich das gleiche wie Legasthenie! Bei Legasthenikern handelt es sich oft "nur" um eine Schwäche, des phonologischen Bewußtseins. Das heißt, der Betroffene kann Laute, die er hört, nicht in die richtige Schreibweise umsetzen. Oft kommt auch eine Schwierigkeit mit dem fließenden (Vor-)Lesen eines Textes hinzu.
Die Reichweite der Legasthenie geht aber im allgemeinen nicht so weit wie der funktionale Analphabetismus! Ich kenne einen Lehrer, der Legastheniker ist. Er wird also bestimmt in der Lage sein, ganze Texte zu lesen und auch zu verstehen.
Zweitens habe ich meine Unfähigkeit, Texte zu verstehen, auf Gevrauchsanweisungen und Behördensprache beschränkt. Ich bin Deutschlehrerin, da ist das Erfassen längerer Texte selbstverständlich.
Mein Kommentar ist nicht böse gemeint, auch nicht beleidigt. Ich wollte nur klarstellen, was ich mit meinem Text sagen wollte.
@Maeusel: Wenn du als Deutschlehrerin Behördentexte nicht verstehst, dann läuft bei der Behörde was falsch, denn du hast dein Examen ja bestanden. Bei den Behörden kann man sich scheint's nicht vorstellen, wie ein normaler Mensch denkt. Die schmoren dort im eigenen Saft.
Ich kenne die Bezeichnung "funktionaler" Analphabetismus als relativen Begriff, bezogen auf eine Person und die sie umgebende Gesellschaft: Eine Person ist dann funktionaler Analphabet, wenn ihre Lese- und Schreibkenntnisse für die Belange der Gesellschaft, in der sie lebt, nicht ausreichen. Dass es soweit kommt, kann daran liegen,
- dass einmal erworbene Kenntnisse in Vergessenheit geraten,
- dass die Gesellschaft immer mehr Lese- und Schreibkenntnisse verlangt
- dass die Person durch Migration von einer Gesellschaft in eine andere wechselt (z.B. vom Land in die Stadt).
So kann eine alphabetisierte Person, deren Kenntnisse in einer durch mündliche und persönliche Kommunikation geprägten Gesellschaft völlig ausreichen in einer digitalisierten und unpersönlichen Großstadt zum funktionalen Analphabeten werden. Sie schafft es am Fahrkartenschalter im persönlichen Gespräch eine Fahrkarte zu kaufen, scheitert aber am digitalen Fahrkartenautomaten. In diesem Sinne kann ich mit Maeusel mitfühlen: bei manchen Gebrauchsanweisungen oder Behördentexten (Versicherungspolice oder Stromrechnung) fühle ich mich auch nicht in der richtigen Gesellschaft.
Zum Glück gibt es nicht nur Bildungsangebote für (funktionale) Analphabeten sondern auch Bestrebungen durch "Leichte Sprache" Sprachbarrieren aus dem Weg zu räumen und mehr Menschen die Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen.
Ein Aspekt wurde in dieser Diskussion meiner Ansicht nach noch nicht genannt - ich denke, @ Maeusel wird mir zumindest ansatzweise zustimmen: das ist unser Bildungssystem, in dem Kinder mit wie auch immer bedingten Lernschwierigkeiten nicht ausreichend gefördert werden (können), a) weil Klassen zu groß sind, b) in den Klassen oft ein Großteil der eigentlichen Unterrichtszeit dafür ´draufgeht, die Kinder so weit zu disziplinieren, dass Konzentration auf den Unterricht möglich ist c) Lehrer mit vielen außerunterrichtlichen Tätigkeiten befasst werden, die ihnen die Zeit rauben, sich auf einzelne, besonders zu fördernde Kinder zu konzentrieren
Es kommt hinzu, dass in den Schulbüchern immer weniger Texte stehen, dafür immer mehr Bildchen anzuschauen sind. Das fördert weder die Lesekompetenz, noch macht es fit für einen ordentlichen Sprachgebrauch. Nicht ohne Grund heißt es "Lesen bildet", wer kein Lesefutter mehr vorgesetzt bekommt, bleibt im Bereich der Sprache ungebildet.
Geübt werden darf in Form von Hausaufgaben auch nicht mehr, zumindest gilt das für NRW, wo bei Ganztagesunterricht keine Hausaufgaben mehr gegeben werden dürfen.
Weiterhin mag Inklusion ein gutes theoretisches Konzept sein, in der Wirklichkeit führt sie dazu, das benachteiligte Kinder (sei es körperlich, sei es geistig, sei es psychisch) nicht die Förderung in Regelschulen vorfinden, wie sie in den Sonderschulen angeboten werden. Die Schülerreduzierung pro Klasse, die ein eingeschränktes Kind aufgenommen hat, um 3 bis maximal 5 Schüler, macht bei Regelklassengrößen von 32 Schülern den Kohl nicht fett, sprich, ob nun 27 Schüler um ein eingeschränktes Kind herumtoben oder 32 ist für die Förderung dieses Kindes kaum von Relevanz. In Sonder- oder Förderschulen ist die Klassengröße mal gerade halb so groß!
Die Crux unseres Bildungssystems ist, dass Kinder, die verzögert lernen, leichter auf einen Weg des wie auch immer geartetes Analphabetentums gebracht werden - zurückzuführen ist sie auf die mangelnde Finanzierung des regulären Bildungssystems. Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, dann wird viel Aufwand getrieben, es wieder herauszuholen. Dabei wäre eine ausreichend finanzierte, frühe Bildung bzw. gute Betreuung betreffender Kinder wesentlich effektiver (Kinder lernen besser und schneller als Erwachsene) als Erwachsenen-Alphabetisierungskurse, mit denen ohnehin nur die Menschen erreicht werden, die eine gewisse Selbsteinsicht haben und den Mut, ihr Defizit einzugestehen. Je früher man im Kindesalter beginnt, Kinder zu fördern, desto mehr (kleine) Menschen erreicht man, umso weniger gelangen sie im Analphabetenstatus bis ins Erwachsenenalter.
@whirlwind:
Förderlich wäre es sicherlich ebenfalls,
inhaltlich durchaus wertvolle Texte so zu formatieren,
dass sie auch von Menschen mit eingeschränkter Lesefertigkeit erfasst werden können.
@Jeannie: Ich war davon ausgegangen, dass hier nur Mitglieder sich tummeln, die nicht unter eingeschränkter Lesefertigkeit leiden, gelobe aber Besserung!
So, jetzt erstmal zum Tipp ;-) : Kriss, ich würde Dir mehr als fünf Sterne geben, wenn ich könnte! Die Idee für das Thema, die Recherche, die Zusammenstellung und Aufarbeitung, sogar noch mit Links - das ist alles einfach perfekt! Ich kann es beurteilen, denn ich wusste das alles schon, da ich mal im Behindertenbereich gearbeitet und mich für das Thema interessiert habe.
@Maeusel: Ich vermute in Deinem ersten Beitrag ein Gutteil von (etwas bitterer) Ironie! ;-)
Aber es stimmt, Behördensprache macht einfach keinen Spaß (Gebrauchsanweisungen gehen noch eher), da neigt man dazu, sich zu verweigern.
Sehr interessant und doch schockierend. Dazu kommt noch dass diese Menschen Psychisch und auch im sozialen Leben sich nicht richtig integrieren können.
Mit freundlichen Grüssen
planet_ uranius
@schwarzetaste: Ja, das war etwas ironisch gemeint. Bei mir kommt neim Lesen solcher Texte ganz schnell eine Ungedukd auf, weil ich mich über die oft sehr gestelzte Sprache ärgere.
@Whirlwind: Ich stimme Dir mit Deinen Aussagen in #9 im wesentlichen zu. Ein weiterer Aspekt der inklusiven Erziehung ist aber auch, daß auch die Schüler, denen das Lernen sehr leicht fällt, nicht genügend gefördert werden können, weil sehr viel Zeit und Zuwendung für die lernbehinderten Kinder gebraucht werden.
Ich habe vor ein paar Tagen gelesen, daß unsere Kieler Bildungsministerin das Ziel hat, den Wortschatz der Grundschulkinder bis zum Ende des vierten Schuljahrs auf 800 Wörter zu bringen. Das hört sich viel an, aber dann stand da, der Wortschatz zu diesem Zeitpunkt hätte vor einigen Jahren noch 3000 betragen.
Das zeigt doch, daß das allgemeine Sprachvermögen sehr stark nachgelassen hat.
Die Ursachen sind natürlich vielfältig. Aber es ist ja wohl klar, daß Lesekompetenz und Sprachverständnis auch mit der Größe des Wortschatzes zusammenhängen können.