Stammzellspende. Der Begriff klingt fremd und irgendwie schmerzhaft. Die meisten assoziieren damit direkt eine dicke Punktionsnadel.
Doch wusstest du, dass mittlerweile etwa 90 Prozent der Stammzellen ambulant über das Blut entnommen werden können? In diesem Artikel möchte ich dir den gesamten Prozess der Stammzellspende erklären und deine Unsicherheit in Zuversicht umwandeln - die Zuversicht, anderen helfen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Was sind Stammzellen überhaupt? Und wer braucht eine Spende?
- Wie genau können Stammzellspenden helfen?
- Autologe Stammzelltransplantation
- Allogene Stammzelltransplantation
- Wer kann Spender:in werden? Was sind die Voraussetzungen?
- Wie kann ich Spender:in werden?
- So funktioniert die Typisierung
- Und wenn ich wirklich kontaktiert werde?
- Periphere Stammzellentnahme
- Knochenmarkentnahme
- Was passiert, wenn Stammzellen abgestoßen werden?
Was sind Stammzellen überhaupt? Und wer braucht eine Spende?
Wir besitzen unterschiedliche Stammzellen, die im Knochenmark angesiedelt sind. Dazu gehören die Blutstammzellen, die für unsere lebensnotwendige Blutbildung verantwortlich sind. Unser Blut versorgt unseren Körper mit Sauerstoff, Wärme und Energie. Es transportiert wichtige Nährstoffe und Hormone durch unseren Körper, schützt uns vor Infektionen und hält unser Säure-Basen-Gleichgewicht aufrecht.
Jedoch haben die Blutzellen nur eine begrenzte Lebensdauer. Kein Problem bei gesunden Menschen: Wir produzieren einfach neue Blutzellen und zwar mehrere Milliarden pro Tag. Doch bei einer bösartigen Erkrankung, wie Leukämie, ist der gesamte Prozess beeinträchtigt. Im Knochenmark entstehen Krebszellen, welche die Produktion gesunder Blutzellen stören. Darüber hinaus werden Stammzellspenden bei manchen Formen von Blutarmut oder Immundefekten benötigt.
Wie genau können Stammzellspenden helfen?
Zur Heilung von Leukämie gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten, die von der genauen Unterart abhängig sind. Häufig wird eine Chemotherapie oder eine Strahlentherapie angewendet.
Diese können zwar die erkrankten Zellen abtöten – jedoch machen sie auch vor den guten nicht halt. So kann es passieren, dass der Körper kein eigenes Blut mehr bilden kann. Das hat fatale Folgen für den Körper: Blässe, Abgeschlagenheit und Schwindel sind nur einige davon. Das Immunsystem funktioniert nicht mehr richtig, das Risiko für gefährliche Infekte, wie eine Lungenentzündung, steigt. Eine Blutarmut kann eine Zeit lang überdauert werden, allerdings auch zum Tod führen.
Hier kommt die Stammzelltransplantation zum Einsatz. Man unterscheidet zwischen 2 Arten:
Autologe Stammzelltransplantation
Bei der autologen Stammzelltransplantation werden vor einer Chemotherapie eigene Stammzellen entnommen und nach Abschluss der Therapie zurückgegeben. Bei einer erfolgreichen Therapie siedeln sich die Stammzellen im Knochenmark neu an und bilden frische Blutzellen. Die autologe Stammzelltransplantation kommt nur bei Erkrankungen infrage, bei denen das Knochenmark nicht betroffen ist.
Allogene Stammzelltransplantation
Weitaus häufiger ist die allogene Transplantation, bei der Blutstammzellen von einer Spenderin oder einem Spender transferiert werden. Hierfür müssen bestimmte Gewebemerkmale mit denen der Empfängerin oder des Empfängers übereinstimmen. In 25 Prozent der Fälle können Geschwister als Spender:innen eintreten. Doch schon bei den Eltern oder anderen Verwandten ist die Wahrscheinlichkeit einer genetischen Übereinstimmung deutlich geringer.
Je einzigartiger die Gene sind, desto schwieriger gestaltet sich die Spendersuche – und genau deshalb ist es so wichtig, dass sich so viele Menschen wie möglich registrieren lassen.
Wer kann Spender:in werden? Was sind die Voraussetzungen?
Es gibt nicht viele Voraussetzungen, um Stammzellspender:in zu werden. Alle Menschen, die zwischen 18 und 55 Jahre alt sind sowie keine schwerwiegenden Erkrankungen haben, können sich registrieren lassen. Erkrankungen wie leichtes Asthma, Heuschnupfen, Lebensmittelunverträglichkeiten und Bluthochdruck sind keine Ausschlusskriterien.
Wie kann ich Spender:in werden?
„Mund auf, Stäbchen rein, Spender sein“. So wirbt die DKMS für die Registrierung in der Spenderdatenbank. Ist es wirklich so einfach?
Aus eigener Erfahrung kann ich dir versichern: Ja! Ich selbst habe mich damals im Rahmen einer Aktion an der Hochschule typisieren lassen. Solche Typisierungsaktionen gibt es immer wieder. Du musst aber natürlich nicht auf eine warten. Mit wenigen Klicks kannst du dir auf der Website der DKMS dein Testset nach Hause schicken lassen.
So funktioniert die Typisierung
In deinem Testset befinden sich drei medizinische Wattestäbchen sowie eine genaue Anleitung, mit deren Hilfe du den Wangenschleimhautabstrich selbst durchführen kannst. Im Anschluss unterschreibst du noch eine Einverständniserklärung und schon kann die Post zurückgehen - die DKMS übernimmt den Rückversand.
Danach ist das Labor dran. Es werden deine individuellen Gewebemerkmale bestimmt und in einer Datenbank gespeichert sowie an nationale und internationale Suchregister weitergeleitet.
Außerdem erhältst du eine DKMS-Spenderkarte mit deiner persönlichen Spendernummer. Falls du als Spender:in infrage kommst, wirst du von der DKMS unter deinen angegebenen Daten kontaktiert. Daher ist es wichtig, dass du Änderungen an die DKMS unter Angabe deiner Spendernummer mitteilst.
Und wenn ich wirklich kontaktiert werde?
Dann ist deine Aufregung völlig berechtigt! Denn es steht dir ein Eingriff bevor. Doch ruf dir in Erinnerung, warum du das machst: Du kannst jemandem damit das Leben retten!
Die Gefahr für ernste Komplikationen ist bei gesunden Spender:innen sehr gering. Die meisten sind nach wenigen Tagen wieder völlig fit. Natürlich wirst du aber im Vorfeld über alle möglichen Risiken aufgeklärt.
Periphere Stammzellentnahme
Die periphere Stammzellentnahme kommt derzeit am häufigsten zum Einsatz. Sie hat den großen Vorteil, dass die Stammzellen ambulant aus dem Blut entnommen werden können.
Bei dieser Methode wird der Spenderin oder dem Spender vorab ein Medikament verabreicht, das die Ausschwemmung der Stammzellen vom Knochenmark in den Blutkreislauf anregt. Dadurch können sie mittels eines speziellen Verfahrens aus den Armvenen entnommen werden. Die Entnahme dauert ca. 3-5 Stunden. Mögliche Nebenwirkungen sind Abgeschlagenheit, Kreislaufbeschwerden und Gliederschmerzen. Doch meist kann die Spenderin oder der Spender noch am selben Tag das Krankenhaus wieder verlassen.
Knochenmarkentnahme
Bei der Knochenmarkspende wird unter Vollnarkose mittels einer Punktionsnadel Knochenmark aus dem Beckenboden entnommen. Meist ist der Einstich so klein, dass er entweder gar nicht oder nur mit wenigen Stichen genäht werden muss. Danach bleibt die Spenderin oder der Spender für 1-3 Tage zur Erholung im Krankenhaus. Das Knochenmark regeneriert sich in der Regel innerhalb von weniger als zwei Wochen selbst. Mögliche Nebenwirkungen sind Gliederschmerzen, Blutergüsse an der Einstichstelle sowie die allgemeinen Nebenwirkungen einer Vollnarkose.
Was passiert, wenn Stammzellen abgestoßen werden?
Das kann leider immer mal wieder passieren. Je weniger die genetischen Merkmale übereinstimmen, desto höher ist das Risiko einer Abstoßung. Diese äußert sich mehrheitlich in den ersten 50 Tagen durch Symptome wie Fieber, Schweißausbrüche und Kreislaufbeschwerden. Die erkrankte Person wird mit speziellen Medikamenten behandelt und muss meistens auf eine neue Transplantation mit einer anderen Spenderin oder einem anderen Spender hoffen.
Bisher haben über 95.000 Menschen durch heldenhafte DKMS-Spender:innen eine zweite Chance bekommen. Wenn beide Parteien einverstanden sind, können sich Spender:in und Empfänger:in nach 2 Jahren kennenlernen.
Auf der Website der DKMS findest du noch viele weitere Informationen.